Nichts ist so wie es scheint

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r.e.r. Avatar

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Seit mehr als 14 Jahren ist die Münchner Studentin Lena Beck verschwunden. Ihre Eltern haben die Hoffnung nie aufgegeben, dass die geliebte Tochter noch lebt. Als Sie eines Nachts aus dem Schlaf geklingelt werden, scheint sich die Hoffnung zu erfüllen.

Wer „Liebes Kind“ von Romy Hausmann zu lesen anfängt, sollte für die nächsten 24 bis 48 Stunden nichts anderes vorhaben. Einmal angefangen, legt man diesen Thriller nicht mehr aus der Hand. Die Spannung hält von der ersten bis zur letzten Seite.

Der Klappentext erinnerte mich zunächst an den Bestseller „Raum“ von Emma Donaghue. Auch darin wird eine junge Frau entführt, in einem fensterlosen Raum festgehalten und bekommt ein Kind von ihrem Peiniger. Schon beim Lesen der ersten Seiten von „Liebes Kind“ wurde mir klar, dass Hausmanns Thriller ganz anders angelegt ist. „Raum“ ist ganz aus der Sicht des Kindes geschrieben und spielt im ersten Teil komplett im „Gefängnis“ von Mutter und Kind.
In „Liebes Kind“ erzählen verschiedene Protagonisten und die Handlung setzt nach der Flucht aus dem „Gefängnis“ ein.

Hausmann gelingt es, ihre unterschiedlichen Erzähler sehr überzeugend klingen zu lassen. Allen voran Hannah, das erste Kind, das in der Gefangenschaft geboren wurde. In sachlich, nüchternen Sätzen die von kindlicher Naivität ebenso wie von abgeklärter Vernunft geprägt sind, wird hier schwer fassliches Grauen zur fassbaren „Normalität“.

Ergänzend zu Hannah, wird die Geschichte aus der Sicht des Vaters von Lena und aus dem Blickwinkel eines weiteren Opfers erzählt. Hinzu kommen Zeitungsartikel aus der Zeit des Verschwindens von Lena. Die Erzähleinheiten sind perfekt gesetzt. Puzzleteil für Puzzleteil scheint sich die Geschichte vor dem Auge des Lesers herauszubilden. Um dann, ganz plötzlich, eine überraschende Wendung nach der anderen zu nehmen. Nichts ist so wie es scheint und vieles ist anders als man denkt.

Mir hat besonders gefallen, dass Hausmann keine Gewaltexzesse benötigt, um Spannung zu erzeugen. Die Schilderung von Szenen, wie sie alltäglicher nicht sein könnten, genügen um Beklemmung hervorzurufen .