Unfassbar authentische Hauptprotagonisten

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stephaniep Avatar

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En Rettungswagen kommt zum Einsatzort. Dort finden sie eine angefahrene Frau, aber keinen Unfallfahrer. Neben der Frau sitzt ein kleines Mädchen, welches scheinbar die Tochter des Unfallopfers ist. Die Frau wird im Krankenhaus notoperiert und das Mädchen von Pflegern und Polizisten angehört um herauszufinden, ob es eine Familie gibt, welche über den Unfall verständigt werden muss. Schnell erhärtet sich der Verdacht, dass etwas nicht stimmt und es sich bei der verletzten Frau um Lena, eine seit mehr als zehn Jahren vermisste Studentin handelt. Als dann auch noch eine abgeriegelte Hütte mit der Leiche eines Mannes und einem kleinen Jungen gefunden wird, ist klar, dass die Ermittler einem der größten Verbrechen auf der Spur sind.

Romy Hausmanns Thriller ist für mich ein komplett neues Leseerlebnis, das ich so noch nicht kannte. Das aktuelle Geschehen und die Erlebnisse in der Hütte werden aus drei Perspektiven (jener der verletzten Frau, die Perspektive des Mädchens vom Unfallort und jene des Vaters der vermissten Studentin) erzählt. Dies wird zusätzlich mit Zeitungsartikeln gespickt. Durch diese Erzählweise bleibt die Spannung durchgehend hoch. Zahlreiche überraschende und unvorhersehbare Wendungen konnten mich komplett begeistern und überzeugen. Einzig im Mittelteil (als das Mädchen zu ihrem Großvater zieht) gab es ein paar Längen, welche das Hörvergnügen etwas getrübt haben.

Die einzelnen Protagonisten sind authentisch und unfassbar menschlich. Besonders überzeugen konnten mich die drei Hauptprotagonisten, aus deren Sicht die Handlung geschildert wird. Das Mädchen Hanna ist in der Hütte aufgewachsen und hat ihr Wissen ausschließlich aus Büchern, sie ist sozial unbeholfen aber sehr intelligent. Das Entführungsopfer ist stark traumatisiert und lehnt psychiatrische Hilfe ab. Sie versucht sich anfangs in ihr Leben zurück zu kämpfen, resigniert hier allerdings. Die Frau ist von Ängsten, Mutlosigkeit und fehlendem Lebenswillen geprägt. Und Lenas Vater, welcher alles tun würde um das Schicksal seiner Tochter zu erfahren. Er ist jähzornig, zweifelt an der Polizei und seine Ehe droht zu zerbrechen. Alle diese Entwicklungen und Charakter erscheinen unfassbar authentisch und man kann sich bei ausnahmslos jedem vorstellen, dass dies in Wirklichkeit ebenfalls so wäre.

Ich habe das Hörbuch gehört und finde, dass ausnahmslos alle drei Sprecher die Idealbesetzung sind. Sie können die Gefühle sehr gelungen transportieren, wodurch die Charaktere äußerst authentisch erscheinen. Besonders gut gefiel mir die Sprecherin der entführten Frau, da diese den fehlenden Lebensmut und die Resignation so gut darstellen konnte, dass ich stellenweise richtige Gänsehaut bekam.

FAZIT:
„Liebes Kind“ ist ein komplett neuer aber unfassbar gelungener Thriller, welcher vor allem durch die schockierenden Offenbarungen und die authentischen Protagonisten überzeugt. Da es im Mitelteil ein paar Längen gab, vergebe ich 4 Sterne!