Aufwühlende Lektüre

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ratatulli Avatar

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Bei der Betrachtung des Buchcovers, das mich sehr begeistert hat, weil ich auch das Meer sehr mag, war ich -trotz vorheriger Leseprobe- nicht wirklich auf diese Lektüre vorbereitet.
Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen, musste aber mitunter Pausen einlegen, zum einen, da es nicht ganz leicht zu lesen war, zum anderen, da ich den Inhalt auch immer wieder sacken lassen musste.
Die Autorin schreibt in ihrem Werk über ihre Schwester Liliana, die 29 Jahre zuvor in Mexiko, im Alter von nur 20 Jahren, ermordet wurde. Cristina Rivera Garza spürt in diesen Zeilen der Geschichte ihrer Schwester nach, um sie auf gar keinen Fall in Vergessenheit geraten zu lassen, auch um die endlose Trauer um sie zu bewältigen, die man immer wieder erahnen kann und um Aufmerksamkeit zu erringen und zu mahnen im Kampf gegen alle Femizide - Gewalttaten gegen Frauen, nur weil es Frauen sind -
Um die Geschichte von Liliana zu erzählen, stehen der Autorin viele eingefügte Briefe und Zettelchen ihrer Schwester zur Verfügung, die in diesem Buch eingefügt sind. Die Beschreibung dieser Mitteilungen, die oft hübsch mit Glitzer dekoriert und in verschiedenen Farben und in schöner Schrift an ihre vielen Freundinnen verfasst sind, hat die nostalgische Seite in mir sehr angerührt, da das auch Bestandteil meiner Schulzeit war und hat für mich den Bericht noch realistischer und nachvollziehbarer gemacht.
Die Autorin vermag es einem, ein gutes Bild über ihre Schwester zu vermitteln. Man spürt in jeder Zeile das sonnige Gemüt von Liliana, die sehr erfolgreich Architektur studiert, viele Freunde und vor allem auch eine große und warmherzige Familie um sich versammelt hat.
Tragischerweise kann sie sich nicht aus ihrer toxischen Beziehung zu ihrem damaligen Freund und Mörder befreien, der ihr so viel Gewalt antut. Lange bleibt sie trotz allem zuversichtlich. Sie befreit beispielsweise einen eingesperrten Spatz, da für sie die Freiheit an erster Stelle steht. Leider müssen alle beide sterben.
Das Buch ist sehr emotional und aufwühlend verfasst, mitunter fühlt man die Wut und Kühle gegenüber dem Mörder und immer wieder Trauer, Trauer, Trauer. Was bleibt ist der Schatz der Erinnerungen an die gemeinsame geschwisterliche Zeit.

Ich kann dieses Buch jedem empfehlen, der nicht auf der Suche nach einer leichten, unterhaltsamen Sommerlektüre sondern zugänglich ist für etwas Kritisches und Gehaltvolles, das auch noch lange nach dem Lesen zum Nachdenken anregt.