Bewegendes Portrait einer jungen Studentin, die einem Femizid zum Opfer fiel

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venenorojo Avatar

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Cristina Rivera Garza hat ein literarisches Meisterwerk geschaffen. Sie schreibt über ihre kleine Schwester Liliana, die vor fast dreißig Jahren einem Femizid zum Opfer gefallen ist. Die Akte zu dem Verbrechen ist nicht auffindbar, der Täter wurde nie belangt. Also schreibt Cristina Rivera Garza eine unverblümte Hommage an ihre Schwester, in dem sie Aufzeichnungen sowie Briefe, die sie bei ihrer Schwester fand, aufarbeitete und mit den ehemaligen Freund:innen und Kommiliton:innen gesprochen und Erinnerungen zusammengetragen hat. Entstanden ist ein Bild über eine junge, willensstarke und intelligente Frau. Eine liebende Freundin, eine eifrige Studentin, eine lebensbejahende, fröhliche Person, die auch ihre zerbrechlichen Seiten hatte und Einsamkeit kannte.
Es ist keine Anklage gegen den Mörder. Cristina Rivera Garza öffnet den Leser:innen die Augen, sensibilisiert für die dezenten Hinweise, die es auf häusliche Gewalt gibt, die eine Lebensgefahr mit sich bringen können. Dass es jede:n erwischen kann.
Wer auf eine spannende Geschichte rund um den Mord der Studentin hofft, wird mit diesem Buch nicht bedient. Es geht tiefer, es malt ein facettenreiches, buntes Portrait von der noch lebendigen Liliana. Schon zu Beginn des Buches ist klar, dass Liliana ermordet wurde, nicht mehr da ist. Dennoch hat die Autorin es geschafft, mich mit ihren Worten so zu berühren, dass ich Tränen um Liliana vergossen habe, um diese junge Frau, die noch ihr ganzes Leben vor sich hatte und vom Reisen träumte. Eines der beeindruckendsten Bücher, die ich in 2025 lesen durfte.