Brutal eskalierender Femizid

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Cristina Rivera Garza, eine erfolgreiche in den USA lebende mehrfach ausgezeichnete Schriftstellerin, ist die sechs Jahre ältere Schwester von Liliana. Beide wachsen wohlbehütet in einem Intellektuellenhaushalt in Toluca auf, der Hauptstadt des Bundesstaates Mexico, gelegen circa 65 Kilometer südwestlich von Mexiko-City. Im Alter von zwanzig Jahren wird Liliana Opfer eines brutal eskalierenden Femizides, eines Mordes, der einzig und allein darauf ausgerichtet ist, die patriarchalen Besitzansprüche an einer Frau, die als persönliches Eigentum betrachtet wird, geltend zu machen. Die Geschehnisse datieren sich auf das Jahr neunzehnhundertneunzig und sind bis zum heutigen Tag ungesühnt geblieben, obwohl der Verdächtige unmittelbar nach seiner Tat als der ehemalige Freund namens Ángel identifiziert wurde.
Die Autorin schildert in ihrem Roman ‘Lilianas unvergänglicher Sommer‘ mit großem Einfühlungsvermögen und sprachlicher Schönheit den Werdegang ihrer geliebten Schwester. Sie schreibt über ein lebensfrohes und lebenshungriges Mädchen, das zu einer selbstbewussten, klugen Frau heranwächst, sich in ihrem großen Freundeskreis als beliebte Gefährtin etabliert, die mutig ihren Weg geht, sich viele konstruktive Gedanken um ihr Dasein macht und bereit ist, diese positiv zur freien Entfaltung der weiblichen Persönlichkeit umzusetzen. Dabei stand die Liebe zu den Menschen im Zentrum ihres Handelns und Strebens. Unzählige Tagebucheinträge, Briefe und Aussagen von Wegbegleitern Lilianas hat die Autorin zusammengetragen, um fast dreißig Jahre nach den schrecklichen Ereignissen aufzuarbeiten, was als Schuld und menschliches Versagen bei den Hinterbliebenen und insbesondere bei ihr hängen geblieben ist. Dabei setzt sie sich besonders kritisch mit den gesellschaftlichen Verhältnissen ihres Heimatlandes Mexiko auseinander, in denen Korruption, Drogenhandel aber eben auch patriarchische Strukturen gefährliche Ausmaße zeigen.
Dieser Roman, der sicherlich Züge eines Berichtes besitzt, wird Leser begeistern, die sich mit den gesellschaftlichen Verhältnissen unserer menschlichen Gemeinschaft auseinandersetzen. Er zeigt auf welche Möglichkeiten zur Befreiung vom patriarchalen Zwängen es geben kann und vor allem wie wichtig es ist, Femizid zu erkennen, um brutale Eskalationen zu verhindern.