Ein eindrucksvolles Porträt, das unter die Haut geht!

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vasensa Avatar

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„Mir wird brennend heiß und gleich darauf eiskalt …“
Mit diesen Worten beschreibt Cristina Rivera Garza den Moment, in dem sie begreift, dass der Staat, die Bürokratie, das System ihre Schwester Liliana vergessen will und es an ihr liegt, durch Schreiben dem Staat zu trotzen und die Erinnerung an ihre Schwester am Leben zu halten.
„Lilianas unvergänglicher Sommer“ ist dabei weit mehr als eine persönliche Aufarbeitung. Es ist ein Akt des Widerstands, ein literarisches Archiv, das dem staatlichen Vergessen etwas entgegensetzt und auch das Thema "Femizide" aufarbeitet.
Rivera Garza schreibt gegen das Vergessen an – eindringlich, zornig, liebevoll und klarsichtig. Ihre Sprache ist dabei so präzise wie durchdringend; sie verwandelt Schmerz in politisches Bewusstsein und macht aus der privaten Tragödie ein gesellschaftliches Dokument. Ein schöneres Vermächtnis hätte die Autorin ihrer Schwester gar nicht machen können!

Der Roman setzt sich zusammen aus Briefen, die Liliana selbst verfasst hat, aus Stellungnahmen von Freund*innen und Familienangehörigen sowie aus Nachrichtenartikeln und Fotos. Diese dokumentarische Struktur verleiht dem Buch Tiefe und Authentizität. Beim Lesen dieser Zeugnisse kamen mir nicht selten die Tränen, macht es doch fassungslos, dass einer so lebensfrohen, klugen und unabhängigen jungen Frau einzig aus Eifersucht und männlichem Machtanspruch das Leben genommen wurde. Trotz des schweren Themas
konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen. Besonders beeindruckt haben mich die ausdrucksstarke Sprache und die analytische Schärfe der Autorin, die immer wieder deutlich machen, dass Erinnern und Erzählen zutiefst politische Akte sind. Für mich ist "Lilianas unvergänglicher Sommer" ein notwendiges, bewegendes und aufrüttelndes Buch. Ich wünsche mir sehr, dass es die Geschichte von Liliana so weit in den Fokus rückt, als dass der Täter nach all den Jahren doch noch gefasst wird.

Eine ganz klare Leseempfehlung.