eindrucksvoll, brutal und traurig

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leseratte87 Avatar

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In „Lilianas unvergänglicher Sommer“ entführt uns die mexikanische Autorin Cristina Rivera Garza in eine berührende und vielschichtige Erzählung, die sich um die Themen Identität, Verlust und die Komplexität von Erinnerungen dreht. Die Übersetzung von Johanna Schwering bringt die poetische Sprache und den emotionalen Tiefgang des Originals eindrucksvoll zur Geltung.

Die Autorin erzählt die bewegende Geschichte ihrer jüngeren Schwester Liliana, die zu einer klugen, selbstbewussten und lebensfrohen Frau heranwächst. Dabei verarbeitet sie selbst ihre Trauer und den Verlust der geliebten Schwester. Dies gelingt ihr durch verschiedene Medien wie Tagebucheinträge, Briefe, Bilder und Aussagen von Freunden sowie Familienmitgliedern, aber auch durch eine Mischung aus Erinnerungen, Träumen und der Auseinandersetzung mit der eigenen Identität. Der Leser wird so in eine Welt voller Emotionen und Reflexionen hineingezogen.

Die Erzählweise ist sowohl lyrisch als auch fesselnd, obwohl der Text eher einem Bericht oder Sachbuch ähnelt. Garza verwendet eine Vielzahl stilistischer Mittel, um die Komplexität von Christinas und Lilianas Gefühlen und Gedanken zu verdeutlichen. Die bildhaften Beschreibungen laden den Leser ein, die tiefen Emotionen und die Atmosphäre der Geschichte nachzuvollziehen. Mit großer Sorgfalt und Zuneigung beschreibt sie ihre Schwester, als wäre es eine Landkarte der Liebe, die ihre Freunde und Familie für sie gezeichnet haben. Diese Landkarte ist ein Tribut an eine der Hunderttausenden von Frauen, die wir durch Femizid verloren haben. Aus diesem Grund schließen wir als Leser Liliana ins Herz und leiden gemeinsam unter ihrem Verlust. Wir sind wütend darüber, dass ihr Fall noch immer unvollendet ist. Es ist nicht nur die Liebe und die Anklage, sondern auch die Kreativität, mit der die Autorin ihre Geschichte erzählt. Es ist die Ehrlichkeit und die Ehre, die sie Liliana erweist.

Besonders hervorzuheben ist die Art und Weise, wie Garza mit der Thematik der Erinnerungen umgeht. Sie zeigt, wie Erinnerungen sowohl eine Quelle der Freude als auch des Schmerzes sein können und wie sie unsere Identität prägen. Christinas Reise ist nicht nur eine Suche nach ihrer verlorenen Schwester, sondern auch eine Suche nach sich selbst.

Die Charaktere sind vielschichtig und gut ausgearbeitet, was es dem Leser ermöglicht, sich mit ihnen zu identifizieren und ihre Kämpfe nachzuvollziehen. Christinas Beziehung zu ihrer Familie und zu ihrer verstorbenen Schwester ist von großer emotionaler Tiefe geprägt und regt zum Nachdenken über die eigenen Beziehungen an.

Insgesamt ist „Lilianas unvergänglicher Sommer“ ein eindrucksvolles und bewegendes Werk, das die Leser dazu einlädt, über die Themen Verlust, Identität und die Kraft der Erinnerungen nachzudenken. Cristina Rivera Garza gelingt es, eine Geschichte zu erzählen, die noch lange nach dem Lesen im Gedächtnis bleibt. Es ist kein Buch wie jedes andere.