Ganz nah dran

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aceastend Avatar

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Selten habe ich so lange für ein Buch gebraucht. Aber keineswegs, weil es so langatmig war!!! Im Gegenteil. Dieses Buch ist so intensiv und tief gehend, wie Buchstaben auf Papier nur sein können. Dabei versucht Cristina Rivera Garza so sachlich, wie möglich, über das Leben und den Tod ihrer Schwester Liliana zu berichten. Frei von Klagen und ohne pathetisch zu werden, gelingt ihr dieses eindringliche Porträt einer jungen, lebensfrohen Frau, die einem grauenvollen Schicksal erlag. Ich dachte, ich sei die richtige Person für dieses Buch, da ich beruflich bedingt schon viel zu viele Akten über Femizide gelesen und mit zahlreichen Tätern intensiv über diese gesprochen habe.
Auch gab es in meinem persönlichen Umfeld bereits zwei Morde an jungen Frauen, die auch mein Leben geprägt haben.
Und wer von uns Damen war noch nicht selbst Opfer sexuell motivierter Übergriffe?!?
Aber auf dieses Buch kann man nicht gefasst sein!
Völlig unaufgeregt schafft die Autorin eine solche Fusion von Eindringlichkeit, Intimität, Lebendigkeit und Tiefgang, dass es einerseits schwer zu ertragen und andererseits faszinierend ist, da man sich so sehr mit Opfer und Angehörigen identifizieren kann, dass man die Geschichte selbst durchlebt.
Schaurig schön verarbeitet die Autorin Durchlebtes in ihrer Niederschrift des Verbrechens an ihrer quirligen, klugen und vor allem lebendigen Schwester.
Warnen sollte man allerdings vor dem Klos im Hals, den man auch Tage danach noch nicht los wird…