Die Lindy Girls - Berlin in den 20ern durch Frauenaugen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
lilalesemaus Avatar

Von

Wally Kaluza möchte im Berlin der "goldenen 20er" eine Mädchentanzgruppe gründen, nichts wie die weltberühmten Tiller-Girls - sondern besser, viel besser.

Im Roman folgen wir daher nicht nur Wally, sondern auch Thea, die aus wohlhabendem Elternhaus stammt. Alice, die mehr oder weniger für ihren Bruder verantwortlich ist, da der Vater seit dem 1.Weltkrieg ein gebrochener Mann ist und Gila, die als Büroangestellte arbeitet und davon träumt, eine erfolgreiche Schriftstellerin zu werden.

Anne Stern gelingt es anhand der verschiedenen Figuren ein buntes Kaleidoskop vom Berlin der 20er Jahre zu entwickeln. Berlin brodelt, der Hunger nach Zerstreuung und Leben ist riesengroß. Wer Geld hat, kann sich alles leisten. Die nicht ganz so Reichen, streben auch nach Ablenkung und Amüsement, die Armen und die Gebrochenen stehen außerhalb. Drogen werden als Verheißung auf unbeschwertes Glück, wenigstens für kurze Zeit gesehen. Alles ist prall und dicht erzählt, gekonnt verwoben. Schatten und Licht dieser Zeit werden wunderbar anhand der einzelnen Protagonist*innen geschildert. Und die Rolle der Frau wird durch die unterschiedlichen Charaktere der jungen Frauen aus mehreren Sichten dargestellt.

Ich war sofort in der Handlung gefangen und habe mit Spannung gelesen. Mir persönlich haben die Kapitel über Gila am besten gefallen. Gelingt es meiner Meinung nach der Autorin mit Gila durch den Erzählstil in Ich-Form und die Art und Weise des Erzählens, an die Frauenfiguren von z.B. Irmgard Keun anzuknüpfen.

Als Extra (und das habe ich noch keinem Buch gehabt) ist eine Musikliste der im Roman erwähnten und für die Zeit typischen Lieder auf spotify beigefügt - eine tolle Idee!

Von mir 5 Lesesterne!