Tanzen ist Leben

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Nachdem mir das Hörbuch von Anne Stern über die Geschichte eines Berliner Schokoladengeschäfts sehr gut gefallen hatte, wartete ich mit Spannung auf die „Lindy Girls“. Die Verbindung zwischen historischen Ereignissen und Protagonist*innen, die ihr Leben in diesen Zusammenhängen meistern müssen, fasziniert mich immer wieder neu und scheint Anne Stern Erfolgsrezept zu sein.
Kurz zusammengefasst spielt der Roman im Berlin, den so genannten „Wilden Zwanzigern“, eine Zeit des Umbruchs, in der die Schrecknisse des 1. Weltkriegs von vielen Menschen noch be- und verarbeitet werden müssen und unter den drohenden Wolken des aufkommenden Nationalsozialismus mit ersten Diskriminierungen ganzer Bevölkerungsgruppen.
Anne Gold versteht es sehr gut, diese Zeitzeichen anhand der persönlichen Lebensgeschichte ihrer Protagonist*innen unterhaltsam und spannend zu beschreiben.
Da ist die Jüdin Alice, deren Bruder brutal von Nazis zusammengeschlagen wird oder Jo, der von den Schrecknissen des 1. Weltkriegs eingeholt wird und der seinem Leben ein Ende setzt.
Gila, die ein Verhältnis mit ihrem Chef eingeht, ungewollt schwanger wird und eine, damals noch strafbare und gefährliche, Abtreibung durchführen lässt. Gegenüber diesen Belastungen, steht der feminine Wunsch nach Freiheit und Unbekanntem, was sich in den Tanzszenen wunderbar seinen literarischen Raum sucht.

Ich habe die „Lindy Girls“ sehr gerne gelesen und hatte sehr schöne Leseerlebnisse.
Spannend ist auch der Zugang über QR Code auf die Playlist, der im Roman genannten Lieder aus den Zwanziger, die das damalige Lebensgefühl authentisch wiedergeben.

Einziger Kritikpunkt ist das, wie ich meine, kitschige Cover, das dem Inhalt des Buches nicht gerecht wird.
Es gibt aus dieser Zeit beeindruckende Gemälde von Malerinnen mit spannenden Motiven, die ich weitaus passender gefunden hätte.