Ein Buch mit Potenzial

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ravenna Avatar

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Leia ist eine junge Immobilienmaklerin, Single und lebt in New York. Der Mann fürs Leben ist ihr bisher noch nicht begegnet, dafür scheint sie einen Hang dafür zu haben, sich immer mit den falschen Männern einzulassen. Doch die Sehnsucht nach einem liebevollen Mann, einer Schulter zum Anlehnen, wird immer größer. Zu verständlich, dass Leia beginnt ihrem Traummann in ihren Träumen zu suchen und zu finden. Immer wieder taucht dieser geheimnisvolle Mann in ihren Träumen auf, welche immer intensiver werden und irgendwann ist ihr nicht mehr klar: Was ist Traum und was ist Wirklichkeit…

Ein in schwarz gehaltenes Cover. Das einzige Motiv ist ein großes, gelbliches Auge, das den Betrachter tief in die Seele zu schauen scheint. Ein Klappentext der so einiges verspricht. Alles scheint für dieses Buch zu sprechen.
Doch bereits der erste Eindruck beim Lesen der Leseprobe war nicht überzeugend und genau dieser erste Eindruck hat sich über weite Strecken des Buches beibehalten. Ich hatte stets das Gefühl gehetzt zu sein. Stellenweise wurden die Aktivitäten von Leia mit kurzen und knappen Sätzen abgehandelt – beinahe stichpunktartig. Insbesondere die Passagen über die reellen Geschehnisse kommen viel zu kurz. Als Leser erfährt man fast nichts über die Protagonistin. So begleitet man sie zu einigen Besichtigungsterminen, doch ebenso schnell, wie dieses Thema aufgegriffen wurde, genauso schnell war die Besichtigungen auch wieder vor bei. Man bekommt keine Ahnung, welchen Sinn, dass Einbringen dieser Ereignisse beabsichtigen. Genauso wenig ist erkenntlich wie Leia zu ihrem Job steht. Macht es ihr Spaß? Ist es ihre Berufung? Stattdessen wirkt es stets, als wenn es eher ein lästiges Übel für Leia ist. Dies ist ein, für dieses Buch typisches Beispiel, von fehlenden Emotionen. Generell sind viele Handlungen der Protagonistin nicht nachvollziehen, unsinnig und unrealistisch. Eine Beziehung zu ihr aufzubauen fällt schwer – ist beinah nicht möglich. Leia wirkt eher wie ein Statist, als wie die Hauptfigur.
Etwas besser sind dagegen der Autorin die Traumsequenzen gelungen. Hier schafft sie es detailreicher zuschreiben, so dass man diese Szenen durchaus besser verstehen und miterleben kann. In diesen Träumen erlebt Leia den Himmel auf Erden mit ihrem Traummann, mit den stechend blauen Augen. Im nächsten erlebt sie die Hölle, trägt ernsthafte Verletzungen davon, die auch am nächsten Tag noch sichtbar sind. Mit diesen unterschiedlichen Sequenzen schafft es Lilly M. Love sogar Spannung und überraschende Wendungen in das Geschehen zu bringen und bewirkt somit, dass die Handlung nicht länger flach bleibt.

Die Thematik, die Lilly M. Love, in ihren Roman verarbeitet ist sehr interessant und spannend, umso bedauerlicher ist es, dass der Geschichte die nötige Tiefe fehlt. Ich erwarte nicht unbedingt blumigen oder detailgetreuen Beschreibungen, aber gewisse Details sollten vorhanden sein, um den Leser vollends ins Geschehen eintauchen zu lassen und mitzureißen. Stattdessen bleibt man ganz oft mit nicht beantworteten Fragen zurück. Es werden viele Punkte angesprochen, Handlungsstränge und Ereignisse, die eindeutig von Bedeutung sind, werden nur kurz angerissen und ganz schnell wieder abgehandelt, um zum nächsten Thema zu hetzen (zumindest habe ich mich so gefühlt). Ein Beispiel dafür ist die Thematik der Traumdeutung. Leia wird natürlich irgendwann stutzig. Beginnt sich zu fragen, wieso sie immer wieder kehrende Träume hat. Sie beginnt im Internet zu recherchieren. Und
Stößt dabei auf die angebliche Existenz von Traumdämonen in Mythologie. Ich fand es sehr bedauerlich, dass dieser Punkt nicht mehr Raum erhalten hat und die Autorin es nicht vertieft hat.

Meine Enttäuschung stand mir schließlich regelrecht ins Gesicht geschrieben, aber ich las weiter und wurde doch überrascht.
Ungefähr ab der Hälfte des Buches gelingt es der Autorin, die Geschehnisse etwas geordneter und mit mehr Tiefe und Detailreichtum darzustellen. Des Weiteren wird allmählich Spannung aufgebaut und ganz langsam bekommt die Idee ein Gesicht und so war ich am Ende doch gefesselt. Mit dem Auftauchen von Yven und seinen Brüdern wird es langsam zu dem, wo es hin soll und am Ende ist man doch neugierig wie es weiter geht. Ganz spannend fand ich den Aspekt um den Tod ihrer Mutter, um den Unfall der Brüder von Yven, allerdings wurde man auch hier wieder etwas ausgebremst, denn wieder wurden kleine Geheimnisse und Andeutungen preisgegeben. Wobei ich mir sicher bin, dass im nächste oder übernächsten Buch hier noch so einige Fragen beantwortet werden. Am Ende wird man regelrecht ins kalte Wasser geschmissen und das Buch abrupt endet.

Trotz sehr vieler Schwächen habe ich die 253 Seiten recht schnell gelesen. Band 2 und 3 erscheinen gleichzeitig mit Band 1 und Band 4 einen Monat später. Ich finde es schade, dass die Bücher bei dieser geringen Anzahl so geteilt wurden, denn es wäre durchaus möglich, zumindest zwei Bände zusammen zufassen.
Ich bin ziemlich hin und her gerissen. Auf der einen Seite hat mich das Buch stilistisch nicht überzeugt. Dennoch bin ich neugierig auf den weiteren Verlauf, da die Handlung zum Ende doch recht spannend und interessant wurde. Und vor allem weil die Geschichte viel Potenzial besitzt, welches bisher nicht mal annähernd ausgereizt wurde. Aber was noch nicht ist, kann noch werden …