Ein guter Wiener-Krimi mit Lokalkolorit!

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jasminh86 Avatar

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"Lockvogel" ist ein Kriminalroman von Theresa Prammer und dem Verlag Haymon, der am 16.3.2021 erschienen ist. Diese Geschichte handelt von einem ungewöhnlichen Ermittlerduo, das aus einem Privatdetektiv und einer Schauspielschülerin besteht. Edgar Behm und Toni gehen auf Mörderjagd und sie gehen der Frage nach, was an der Geschichte dran ist, dass ein einflussreicher Regisseur übergriffig geworden sein soll.

Toni ist pleite und ihr läuft die Zeit davon. Sie hat praktisch keinen Euro mehr in der Tasche. Nicht, weil die Schauspielschülerin ihren Allerwertesten nicht hochbekommt, sondern weil sich ihr Freund Felix mit ihren Ersparnissen auf und davon gemacht hat. Geld weg, Freund weg (Oder Ex-Freund? Betrüger? Was zur Hölle ist er denn nun?), dafür werden die unbezahlten Rechnungen immer mehr. Toni hat einen riesigen Berg besonders saurer Zitronen vorgesetzt bekommen. Nur: Was macht sie daraus? Zuerst einmal: Durchatmen, Limonade machen auf später verschieben und schleunigst Felix zur Rede stellen. Dafür wendet sie sich an Privatdetektiv Edgar Behm. Der könnte Felix aufspüren. Doch wie soll sie ihn bezahlen?

Auch Sybille Steiner findet den Weg in Behms Detektei: Die Ehefrau eines Starregisseurs hat beunruhigende Post erhalten. Einem anonymen Tagebuch zufolge soll ihr Ehemann vor Jahren gegenüber einer jungen Schauspielerin seine Machtposition ausgenutzt haben. Sind die Anschuldigungen wahr? Wer ist die Verfasserin? Hat damit gar der Tod eines Mannes auf einer von Steiners High-Society-Partys etwas zu tun? Möglichst schnell, bevor die Presse Wind davon bekommt, muss Behm genau das herausfinden. Wie praktisch, dass gerade eine Schauspielschülerin bei Behm aufgetaucht ist, die ihn nicht bezahlen kann: Toni wird als Lockvogel engagiert. Welche Gefahren warten auf sie in der Filmbranche, die für Machtgefälle und Intrigen berüchtigt ist?
Ein Fall von #metoo? Undercover als Lockvogel.

Die Autorin, die gleichzeitig auch Schauspielerin und Regisseurin ist, hat mich in "Lockvogel" mit aktuellem und brisantem Stoff konfrontiert. Viel interessantes Insiderwissen gibt es hier zu lesen, deshalb kommt der Krimi sehr authentisch rüber. Einblicke aus dem harten Leben von Schauspieler und spannende Einblicke aus dem Detektivalltag wurden gut mit der Geschichte kombiniert. Sexuelle Übergriffe in der Filmbranche werden aufgegriffen, sodass ein vielfältiger Plot entsteht.

Der Krimi beginnt mit einem interessanten Prolog, der mir einen Einblick von der High-Society-Party der Steiners gab. Für mich hat der Krimi keine hohe und konstante Spannung, der Spannungsbogen hält sich eher im mittelmäßigen Bereich. Mehr war hier aber auch gar nicht nötig, denn der Wiener-Krimi mit Lokalkolorit hat mir trotzdem sehr gut gefallen. Zu keiner Zeit wurde es mir langweilig und ich hatte die 372 Seiten in kurzer Zeit verschlungen. Die komplette Geschichte ist sehr vielfältig und es hat mir Spaß gemacht, das Buch zu lesen.
Theresa Prammer schreibt unheimlich detailliert, flüssig und authentisch, der eingebaute schwarze Humor hat mir gut gefallen. Ich wurde zum Miträtseln aufgefordert und es gab überraschende Wendungen, besonders am Ende. Ich als Leserin konnte undercover am Filmset mit ermitteln und ich wurde durch Wien gejagt.

Das Herz des Krimis sind für mich die perfekt ausgearbeiteten Protagonisten. Toni und Edgar Behm ergeben ein unheimlich gutes Ermittlerduo ab, sie harmonieren super miteinander und ich habe beide, besonders Toni, sofort ins Herz geschlossen. Da wechselnd aus beiden Perspektiven erzählt wird konnte ich mich in dessen Gedanken und Handlungen gut hineinversetzen. Der Ex-Polizist Edgar kämpft mit gesundheitlichen Problemen, am Anfang kamen einige Fragen über ihn auf, die bis zum Schluss jedoch alle beantwortet wurden. Obwohl er finanziell jeden Cent gebrauchen kann, findet er einen Weg um Toni zu helfen. Beide nähern sich ganz langsam auf freundschaftliche Ebene an, die Entwicklung der beiden hat mir gut gefallen. Das Ende lässt darauf hoffen, das aus den beiden doch noch ein Herz und eine Seele wird. Denn Tonis liebenswerter und sympathischer Charakter ist für Edgar meiner Meinung nach die beste Medizin. Trotz Mord und einer Menge Intrigen ist dies ein Krimi, bei dem man sich wohlfühlt. Von mir gibt es viereinhalb Sterne.