Faktischer Pragmatismus

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nahadriel Avatar

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Der Stil ist abgeklärt. Dabei angenehmerweise nicht betonend, was für ein harter Hund man doch ist und - vor allem! - auch nicht, was für eine starke Frau Lola ist.
Es ist einfach wie es ist.
Vielleicht kein schönes Leben, aber hey - ihr Leben, ihre Realität. Die Protagonistin kann in kleinen Momenten Umsicht zeigen, Herzlichkeit beim Umgang mit den Nachbarn, sie bleibt unterm Strich aber distanziert ob der Konzentration auf den sachlich notwendigen nächsten Schritt.

Das bleibt im ganzen Buch. Lola hat ein Ziel, das sie verfolgt. Sie nutzt dabei durchaus die kleinstbrutalen Mittel, ist aber nicht von unnötiger Weichheit.
Gleichzeitig gelingt es der Autorin eine Protagonistin zu zeichnen, die in keinster Weise unmenschlich wirkt: sie ist herzlich, wenn es angemessen ist, sie liebt, kann das aber auch hintanstellen, wenn der Profi in ihr es erfordert, sie tötet ohne Zögern.
Zuvorderst ist Lola Profi mit einem Ziel. Einem nachvollziehbaren und erstaunlich legitimen Ziel: ihr Viertel, ihr Reich, ihr Drogengeld. Ganz einfach.

Dazu kommt eine Moralvorstellung, die für den Leser leicht adaptierbar ist. Es gibt Gut und Böse, Cops und Kriminelle; Vermischungen, wie korrupte Cops, sind nicht okay, mindestens unhöflich. Und dann gibt es noch Lolas Ethos: Kinder und Tiere quälen? Geht gar nicht. (Es wird dankenswerterweise aber auch nicht der Versuch unternommen alle zu retten. Geht halt nicht. Ist sie auch nicht für zuständig.) Töten um den eigenen Hintern zu retten oder auch nur voranzubringen? Klar, ohne Reue, hätte doch auch jeder gemacht.
"Gut und Böse" ist eben in Lolas Welt nicht unbedingt formgleich mit "moralisch und amoralisch".

Bei aller Cleverness und Professionalität geht aber durchaus nicht immer alles glatt, menschlich erklärbare Fehler und Irrtümer passieren. So war eine der für mich großartigsten Szenen die Einschulung: Lola wusste es nicht - woher auch? Die Autorin zeigt an der Stelle exemplarisch gleichzeitig, daß Lola sich kümmert, es gut macht, daß sie scheitert, daß sie abschüttelt und weitermacht.

Es wird immer viel Liebe zum Detail gezeigt, wenn Szenen beschrieben werden. So ist man immer ganz dabei, ganz eingesogen. Begeistert hat mich auch, der matter of fact-Ansatz.



Irgendwie wurde alles so schön, so schmutzig, so rau, so fürsorglich, so brutal, so geschäftsmäßig. Alles zugleich. Ein Kaleidoskop der Gang-Kriminalität. Ich liebe es!