Lebt durch seine Authentizität

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marcello Avatar

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In „Lotta Wundertüte“ berichtet Sandra Roth über die ersten drei Jahre mit ihrer Tochter Lotta. Diese ist süß, ein Sonnenschein, manchmal zickig und behindert. Es geht um Wunder, Mitleid, Trauer, das Leben und die Frage: Was zählt im Leben eigentlich wirklich?
In der Leseprobe erlebt man die Autorin bei ihrer langen und mühsamen Suche nach einem Kindergarten für ihre behinderte Tochter Lotta. Die integrativen Kindergärten lehnen meistens ab, umso überraschender ist es, dass ein kleiner Kindergarten sofort zusagt. Die Erzieherinnen freuen sich auf Lotta, auch wenn sie wissen, dass mit Lotta eine ganz andere Betreuung von Nöten ist. Zunächst sind Kinder skeptisch, aber nach und nach nähern sie sich Lotta an, kuscheln mit ihr, spielen mit ihr. Für die Autorin ist es einerseits schön, andererseits ist es ein komisches Gefühl, dass die Tochter nicht mehr rund um die Uhr ihre Hilfe braucht. Stattdessen schlägt sie sich nun mit den Behörden rum. Auf Empfehlung und Wunsch der Erzieherinnen hat sie zusätzliche finanzielle Hilfen und einen Integrationshelfer für Lotta beantragt. Die Behörden schieben sich gegenseitig die Verantwortung in die Schuhe und so kommt keine Bewegung in die Sache. Es droht sogar ein Gerichtsprozess. Zudem gibt es Probleme mit den Mitmenschen. Viele haben Mitleid, andere treten permanent ins Fettnäpfchen, wieder andere machen Bemerkungen, deren verletzende Wirkungen gar nicht bewusst sind. Trotz allem bereuen es die Eltern nicht Lotta bekommen zu haben und sie freuen sich über jede Kleinigkeit, die zeigt, dass Lotta sich entwickelt und dass sie bei manchen Dingen vielleicht wirklich so etwas wie Normalität erreichen kann.
Diese Leseprobe ist sehr spannend. Es ist interessant in Zeiten, wo Inklusion ein viel diskutiertes Thema ist, auch mal die Seite einer Frau zu hören, die ein behindertetes Kind hat. Ich tue mich selbst schwer mit diesem Thema, weil es für mich positive aber auch negative Aspekte gibt. Zudem punktet die Leseprobe natürlich mit Authentizität, man kann alles nachfühlen und sich wunderbar in die Situationen reinfinden. Ein kleiner Schwachpunkt ist, dass es innerhalb von Absätzen immer mal wieder Zeitsprünge gibt und das wirkt immer etwas irritierend, ist aber auch kein Weltuntergang.
Fazit: Ein wirklich überzeugender Einblick in „Lotta Wundertüte“. Berührend, spannend und authentisch.