Mit Spannung erwartet: Winter im Winter

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wolfgangb Avatar

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"Der See hockt in seiner Senke wie ein dicker zufriedener Frosch."
Mit diesem für einen Thriller ungewöhnlich poetischen ersten Satz erzeugt Judith Winter zum Auftakt die im Rückblick stets verklärte Stimmung eines vergangenen Sommertages, an dem die "Luft des Spätnachmittags" sich "weich wie Butter" um die Haut schmiegt und der Kindeshorizont noch von keinen Sorgenwolken getrübt ist. Umso härter daher der Kontrast, wenn die junge Emilia Capelli und ihre Freundin eine Leiche finden, umso tiefer die Wunden, die dieser Fund in die jungen Seelen schlägt.

Mit dem ersten Kapitel der Rahmenhandlung findet sich der Leser schließlich in der erzählten Gegenwart im Aufeinandertreffen fernöstlicher und westlicher Kultur. Bereits mit einem Zitat von Konfuzius und einem über das Wesen der Ninjas ruft die Autorin mit gezielt einschlägige Stereotypen ab und erzeugt die den Roman prägende Atmosphäre des Exotisch-Unnahbaren. Angesiedelt zwischen chinesischer Mystik und knallhartem kapitalistischem Kalkül ermittelt das Duo Emilia Capelli und Mai Zhou zum zweiten Mal in einem Mordfall. Für Leser des Debüts "Siebenschön", in dem die beiden ebenso selbstbewußten wie unterschiedlichen Frauen einander kennen und respektieren lernten, ein Grund zur Vorfreude auf niveauvolle Hochspannung.