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Buchmeinung zu Barbara Bierach - Lügenmauer

„Lügenmauer“ ist ein Kriminalroman von Barbara Bierach, der 2016 bei List als Taschenbuch erschienen ist. Dies ist der erste Band der Reihe um die Kommissarin Emma Vaughan.

Zum Autor:
Barbara Bierach ist eine bekannte Journalistin und Sachbuchautorin. Nach Jahren als Auslandskorrespondentin in New York und Sydney lebt sie heute im irischen Sligo, wo auch ihr erster Krimi Die Lügenmauer spielt.

Klappentext:
Irland, die grüne Insel. Voller Mythen, Dichter und Musik. Doch Emma Vaughan, Inspector bei der Mordkommission in Sligo an der verregneten irischen Nordwestküste, kriegt von diesem Irland der Touristenbüros nicht viel mit. Als Protestantin und geschiedene, alleinerziehende Mutter weckt sie in einem zutiefst katholischen, männlichen Polizeicorps meist nur Misstrauen. Ausgerechnet in dem Mord an einem hochrangigen Mitglied der Kirche soll Emma ermitteln. Die Spur führt in ein Kloster, in dem in den Sechzigerjahren junge Mütter ihre unehelichen Kinder zur Welt brachten. Ein dunkles Kapitel der irischen Geschichte. Was aber passierte mit den Kindern? Emmas Fragen treffen nur auf eisiges Schweigen. Um der unglaublichen Wahrheit auf die Spur zu kommen, muss Emma sich auch den Geistern ihrer eigenen Vergangenheit stellen.

Meine Meinung:
Emma Vaughan ist die Minderheitenvertreterin schlechthin im katholischen Irland. Sie ist protestantisch, geschieden, alleinerziehend und arbeitet unter lauter Kollegen bei der Kriminalpolizei in Sligo. Dazu ist sie eine Zugezogene, die zwar in Irland geboren wurde, aber lange Zeit in New York gelebt hat. Erst im Zeichen des wirtschaftlichen Aufschwung Irlands ist sie zurück gekehrt und gilt immer noch als Fremde.
Die Handlung wird auf drei Zeitebenen geschildert. In der Jetztzeit 2005 ist ein protestantischer Würdenträger in seinem Haus getötet worden und Emma Vaughan ermittelt mit ihren Kollegen in diesem Fall. Die zweite Zeitebene spielt 2004 in einem Pflegeheim in Manchester mit einer an Demenz leidenden Frau und ihrer Pflegerin. Der dritte Erzählstrang spielt Mitte der sechziger Jahre in der Nähe von Sligo. Dort wird ein junges Mädchen von einer Respektsperson vergewaltigt und geschwängert. In einer kirchlichen Einrichtung für gefallene Mädchen wird ihre Tochter geboren, die ihr aber nach kurzer Zeit weggenommen wird. Auf dieser Zeitebene wird ein ganz düsteres Bild Irlands gezeichnet. Kirchliche Würdenträger vergehen sich an jungen Frauen und niemand tut etwas dagegen. Ganz im Gegenteil gibt es sogar eine Organisationsstruktur, um ungewollte Folgen unauffällig zu entsorgen.
Die drei Erzählstränge werden abwechselnd weiterentwickelt und obwohl in den zeitlich früheren Episoden keine Namen genannt werden, weiß der Leser mehr als die ermittelnden Beamten. Der Ermordete selbst ist auch hinter jedem Rock her gewesen, selbst noch als Ruheständler.
Emma Vaughan ist eine komplexe und faszinierende Figur, der man gerne bei ihren Ermittlungen und ihren privaten Problemen folgt. Leider ist vieles in ihrem Umfeld doch arg negativ gezeichnet, einzig ihr direkter Partner James wird freundlicher dargestellt. Die Sprache ist in der Regel rau, aber leicht verständlich. Sie passt gut zu den von der rauen Landschaft geprägten Bewohnern Irlands. Die Beschreibung der Landschaften ist eine Stärke der Autorin. Man hat das Gefühl, dass die Bilder lebendig werden und man direkt vor Ort ist. Auch die Sprache wird freundlicher, wenn es um Emmas Sohn und ihren Kollegen James geht. Der Leser hat das Gefühl, dass sich da etwas entwickelt. Humorvolle Stellen unterstützen diesen Eindruck.
Trotz ausbleibender Ermittlungserfolge arbeiten Emma und James hart an dem Fall. Auch über Emma und ihre Lebensgeschichte erfährt der Leser im weiteren Verlauf immer wieder Neues. Auch wenn es nur in kleinen Schritten voran ging, so war die Spannung doch jederzeit gegeben. Diese lebt von der Geschichte und nicht von actionreichen Verfolgungsszenen.

Fazit:
Mir hat dieser ruhige Roman gut gefallen. Er lebt von der bildreichen und liebevollen Beschreibung der rauen Insel und ihrer Bewohner und natürlich von der Hauptfigur Emma Vaughan. Man leidet mit ihr und verfolgt ihre hartnäckigen Ermittlungen. Auch das Ende hat mir zugesagt. Abstriche gibt es für die doch sehr einseitig negative Beschreibung vieler Personen im direkten Umfeld. Meine Wertung lautet vier von fünf Sternen (80 / 100). Wer ruhige Krimis mit einem fesselnden Hintergrund mag, ist hier richtig.