Identität, Erinnerung, Erkenntnis

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Es hat eine Weile gedauert, dieses Buch zu lesen. Nicht, weil es langatmig oder uninteressant wäre, sondern weil "Lyneham" ein anspruchsvolles Werk ist. Westerboer verlangt seinem Lesepublikum einiges ab. Es braucht gedankliche Aufmerksamkeit, Geduld und die Bereitschaft, sich auf eine Erzählung einzulassen, die weit mehr als bloße Handlung bietet. Doch wer sich darauf einlässt, wird mit einer sprachlich dichten, philosophischen Geschichte belohnt, die noch lange nachwirkt.

Inhaltlich lässt sich "Lyneham" nur schwer in wenigen Sätzen zusammenfassen. Es ist weniger eine gradlinige Handlung, die den Text prägt, als vielmehr die Reise der Figuren im direkten und übertragenen Sinne.

Der Erzählstil ist klar strukturiert, dabei aber nicht schlicht. Westerboer schreibt mit einer ruhigen, bedachten Sprache, die mal dicht und mal leicht wirkt. Immer wieder unterbricht er die Handlung mit Reflexionen und kleinen Exkursen.

Die Figuren, sind vielschichtig, ohne überspannt zu wirken. Es geht weniger um klare Motive oder Entwicklungen als um das Wechseln zwischen Innerem und Äußerem, zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

"Lyneham" ist kein Buch für zwischendurch, aber eines, das denjenigen, die sich darauf einlassen, viel zurückgibt. Es fordert, ja, aber es öffnet auch neue Denkräume. Man verlässt die Lektüre nicht mit klaren Antworten, sondern mit einer Vielzahl an Fragen und vielleicht ist genau das die größte Stärke dieses Buches.