Ein machtvoller Roman

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
mrsamy Avatar

Von

Livs Leben scheint nach außen perfekt. Sie wohnt in einem schönen Haus in Olso, ist glücklich verheiratet, hat gesunde Kinder und eine Arbeit, die sie erfüllt. Und Liv tut alles dafür, dass ihr Leben normal aussieht, dass es sich normal anfühlt. Doch es ist ein täglicher Kampf. Liv ist vor Jahren Opfer einer Vergewaltigung geworden und seitdem versucht sie zu leben wie alle anderen, sich nichts anmerken zu lassen, versucht, sich selbst zu beweisen, dass es möglich ist, nicht daran zu zerbrechen. Doch ihre Gedanken kreisen stets um diesen einen Vorfall, ihr ganzes Dasein ist davon durchdrungen, egal, wie sehr sie sich dagegen wehrt. Sport und teure Produkte, seien es feine Kleider, schicke Schuhe oder exklusive Cremes beruhigen sie, sind ihre Mauer. Manchmal sind es auch die Schlaftabletten oder die schiere Existenz von Beruhigungs- und Schmerzmitteln, die sie beruhigen, die alle Gedanken hinwegspülen.

„Macht“ von Heidi Furre ist ein machtvolles Buch. Das beginnt schon mit den Abbildungen im Vor- und Nachsatz, die die Künstlerin Niki de Saint Phalle bei einer ihrer Aktionen darstellen. Man kann diese Bilder nicht beschreiben, man muss sie sehen, um ihre Wirkung zu fühlen. Sie sind geprägt von Wut und Kraft, von Wehrhaftigkeit. Der Roman, der an sich nur wenig Handlung aufweist ist ein absolut lesenswertes Buch. Liv ist eine starke Frau, deren Gedanken und Handlungen aber doch immer und zu jeder Zeit von diesem einen Ereignis geprägt sind. Immer wieder versichert sie sich, dass dieser eine Moment nicht ihr Leben bestimmt, dass es ihr gelingt, normal auszusehen, normal zu sein, nicht wahnsinnig zu werden. Ich bewundere ihre Kraft und ihren Mut, denn in „Macht“ beginnt sie nach und nach, sich stärker mit der Vergewaltigung auseinanderzusetzen, sich die Macht, die der Täter nach all der Zeit in ihren Gedanken noch hat, zurückzuholen.

„Macht“ hat mich tief beeindruckt. Jede(r) sollte dieses Buch lesen.