Ich bin nicht kaputt

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constanze_pachner Avatar

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"Von außen ist Livs Leben perfekt. Sie liebt ihren Mann und ihre beiden Kinder, lebt in einem hübschen Häuschen in Oslo, sie achtet auf sich. Aber was kaum einer weiß: Sie ist vor Jahren vergewaltigt worden. Doch Liv sträubt sich dagegen, die Opferrolle anzunehmen.." (Klappentext)

@heidifurre erzählt in ihrem Roman #macht mit wortgewandter Wucht aus dem Leben einer Frau, der sexuelle Gewalt widerfahren ist. Mit Liv öffnet #heidifurre in feinfühliger Offenheit den schwierigen Sprung zum Spagat, der das Leben vor einer solchen Tat und nach einer solchen Tat körperlich und emotional versuchen soll in Einklang zu bringen. Wie sehr Liv die Menschen ganz ohne eine Gegenleistung liebt, ist in den ergreifenden Szenen ihrer beruflichen Tätigkeit als Pflegerin zu spüren.

Die vielen erschaffene Zwangsjacken der Frauen weben sich mit hervorragenden Bildern für die Projektionen weiblicher Sozialisation in die Geschichte ein und schmerzhafte Zwischenräume der Erinnerung werden so brillant frei von Pathos beschrieben, dass diese auf ganz individuelle Traumata adaptierbar sind.
Liv ruft mit aller Macht in die Welt, dass ein vergewaltigter Mensch zwar von einem Werwolf gebissen wurde, aber nicht kaputt ist, auch wenn der Biss nie ganz wird heilen können.

"Niemand bleibt nach einer Vergewaltigung liegen. Niemand. Alle stehen auf. Niemand hört danach auf, Mensch zu sein. (...) Ich weigere mich, liegen zu bleiben." 89

Machtlos fühlt sich Liv nur der Statistik gegenüber, der eiskalten Tatsache von zehn Prozent - zehn Prozent aller Frauen werden schätzungsweise Opfer einer Vergewaltigung. Blicke ich meine Tochter Liv an, in eine Klasse, in einen gefüllten Raum jeglicher Art, erschaudert mich diese eiserne Tatsache. Und blicke ich meinen Sohn an wird es nicht anders, denn die Statistik für Jungs mit ihrer sicherlich enormen Dunkelziffer ist ebenso widerlich.

Lediglich das Ende des Romanes empfand ich teilweise als flach, als nicht ganz auserzählt, denn die sich anbahnende Offenbarung ihrem Mann gegenüber bleibt in Alltagszwischenräumen stecken. Der ausgeführte Spagat legt sich nicht vollständig am Boden ab. Absicht oder fehlende Essenz in der Narration!?