Lerne Dir selbst zu vergeben

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murphy12 Avatar

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Es ist schwer dieses Buch zu beschreiben. Ich konnte es nur in kürzeren Abschnitten lesen. Dabei ist es gut geschrieben. Satzbau und Wortwahl gefallen mir. Der Inhalt des Buches hat mich zum Nachdenken, Reflektieren und Nachempfinden gebracht. Ich habe das ganze juristisch „geprüft“ und versucht unvoreingenommen zu bleiben. Es ist ein Buch, das mich noch einige Zeit gedanklich begleiten wird.
Es beginnt intensiv mit einem Übergriff auf eine Nachbarin. Das Hauptthema des Buches und der Hauptfigur Liv ist Vergewaltigung. Es werden viele Opfer benannt und kennen gelernt. Auch die Liv ist eine Betroffene. Die Geschichte wird in Rückblenden, Fragmenten, Erinnerungen und Episoden in der Gegenwart geschrieben. Es ist dennoch gut verständlich und ich konnte mich stets problemlos in den verschiedenen Zeitebenen zurecht finden. Die Vergewaltigung wird nicht beim Namen genannt- es ist der Vorfall- jedenfalls überwiegend. Liv hatte ihren Vorfall nie zur Anzeige gebracht. Nach einem Gespräch in einer Beratungsstelle hatte sie bedenken, ob ihre Vorwürfe juristisch durchdringen können und hat es auf sich beruhen lassen. Nun 15 Jahre später sind die Vergewaltigung und ihre Auswirkungen für sie jedoch immer noch allgegenwärtig. Diese Beschreibung hat mich stark beeindruckt und auch betroffen gemacht. An vielen Stellen wurde sehr deutlich, dass Liv mit sich und ihren Entscheidungen immer noch hadert. Sie überlegt, was sie anders oder besser hätte machen sollen, gibt sich selbst die Schuld und versucht ihre Schmerzen zu leugnen und zu verdrängen.
Auch wenn ich ihr Vorgehen und ihre Sichtweise nicht immer teile, konnte ich ihre Zerrissenheit und das Spannungsgeflecht in dem sie lebt und aus dem sie zeitweise ausbrechen möchte, gut nachempfinden. Gut fand ich auch, dass keinerlei Vergewaltigungsszenen dargestellt wurden. Darauf kommt es letztlich hier nicht an.
Es ist kein Roman für zwischendurch, sondern eine Reise mit der Hoffnung, dass es für Liv und allgemein besser werden möge.
Es ist gelungen, jedoch hat mir das letzte Quäntchen gefehlt.