Macht oder entmachten lassen

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danibene Avatar

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Wenn der Parasit wieder unkontrolliert ausbricht, ist es an der Zeit in den Kampf mit sich selbst zu treten, um das Verletzte Innere nicht nach außen sichtbar zu machen.

Das Buch mit dem Titel „Macht“ von Heidi Furre erzählt von Liv eine Pflegerin, die wie viele Frauen innere Kämpfe, nach einem sexuellen Übergriff im Verborgenen , nach außen hin allein austrägt, um nicht in die Opferrolle zu fallen.

Vieles wird bagatellisiert, war man halt zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort, also auch kein Opfer und Täter vorhanden , solche Aussagen, hat man schon in seinem Umfeld gehört.
Also schweigt man lieber, selbst nahe Angehörige wissen oft nicht um den Vorfall und Kampf, möchte man ja stark nach Außen hin sein.
Einfach seinen Alltag und das alte Leben wieder zu bekommen, selbstbestimmend und kontrolliert, nicht hilflos, denn das war man in dem Übergriff ja schon.

Doch die alleinige Macht darüber zu haben, dass das Geschehene unvergessen wird und sein altes Leben wieder hat, nicht von Panikattacken überrannt zu werden, ist ein Trugschluss...

An jeder Ecke. zu jeder Zeit, kann es passieren, das das „Eklige , der Parasit“ unkontrolliert erscheint, und versucht die Macht über das eigene Leben zu bekommen.
Bedarf es doch einiges an Strategien, dies nicht vollends geschehen zu lassen.
Liv berichtet zum Beispiel darüber, wie sie dann auf der Arbeit ins Medikamentenlager flüchtet um die Gewissheit zu haben , das Beruhigung- und Schmerzmittel in greifbarer Nähe sind.
Wie geht man mit jemandem um, der in seinem Arbeitsumfeld als Angehöriger, einer Patientin auftaucht, der in den Medien sexueller Übergriffe beschuldigt, aber freigesprochen wurde. Sowas und ähnliche Fragen beschäftigen sie.

Überall gibt es Trigger /Auslöser aber auch Wünsche, die selbstbestimmte und kontrollierte Macht über sein Leben zu haben, und sich nicht entmachten zu lassen , ohne nach Außen hin schwach zu wirken.

Erkennen, annehmen und Strategien entwickeln, dem Ziel näher zu kommen und das es manchmal wichtig ist, von außen Hilfe anzunehmen.
Sein näheres Umfeld mit einzubeziehen, ohne sich dabei hilflos zu fühlen.

Sein verletztes Inneres zu zeigen, kann auch Stärke bedeuten.

Die Geschichte um Liv hat mich sehr berührt, ist sie doch kein Einzelfall und authentisch.
Sie zeigt aber dennoch, wie stark verletzte Seelen im Kampf sein und auch heilen können.

Der Erzählstil ist flüssig, Situationen und Gefühle sind sehr gut beschrieben und alltagsnah.

Cover und Titel haben mich sofort angesprochen.
War mein erster Gedanke dazu, ohne den Inhalt zu kennen, entweder geht es hier um die Macht etwas unter sich zu zerbrechen oder die Macht, etwas zerbrochenes zu kontrollieren.
Meinen Gedankengang dazu entspricht vollends dem Inhalt und somit gut umgesetzt.

Will hier auch nicht weiter vom Inhalt ins Detail Spoilern, sonder auffordern- lest dieses Buch, es lohnt sich.