Sehr eindrucksvoll!

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rotkehlchen Avatar

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Das Buch "Macht" von Heidi Furre erzählt die Geschichte von Liv, die in der Vergangenheit vergewaltigt wurde und wie ihr Leben danach aussieht. Heidi Furre schafft es, nicht die Tat an sich in den Mittelpunkt zu stellen, sondern die Frau, die es erlebt hat.

Der Titel des Buches, die "Macht" ist dabei sehr facettenreich und es werden viele Fragen aufgeworfen: Wie viel Macht hat der Täter immer noch über sie? Wie viel Macht hat sie über den Täter? Mit welcher Macht oder Ohnmacht bestimmt die Tat ihr Leben? Hat sie die Macht über ihr Leben verloren?

"Ich wusste, dass ich niemals ein Messer erheben und mich selbst verletzen würde, aber der Gedanke daran, einen Ausweg zu haben, tat gut."

Erzählt wird die Geschichte von Liv einige Jahre nach der Tat. Sie lebt ein scheinbar glückliches Leben, hat einen tollen Mann und zwei Kinder, die sie liebt und die sie lieben. Als bei ihrer Arbeit als Pflegerin ein Mann auftaucht, der wegen Vergewaltigung angeklagt wurde, bringt das ihr sicher aufgebautes Leben durcheinander.

Besonders eindrücklich fand ich zum Beispiel eine Szene beim Zahnarzt: "Das Schlimmste ist es, an die Decke zu starren, und darauf zu warten, dass es endlich vorbei ist."

Auch beschäftigt Liv sich selbst damit, wie sie sich selbst "nennen" sollte. Ist sie ein Opfer? Ist sie Überlebende? Oder vielleicht beides? Namen oder Bennenungen sind sehr wichtig. Auch die Benennung der Tat selbst ist für sie schwierig. Sexuelle Gewalt, unfreiwilliger Sex, Vergewaltigung.

"Das Eklige von mir fern zu halten ist nie enden wollende Care-Arbeit."

Ich fand das Buch sehr eindrucksvoll und fand es toll, dass Liv im Mittelpunkt stand und nicht dem Täter oder der Tat die Aufmerksamkeit geschenkt wurde.

Der Schreibstil und der Aufbau mit seinen kurzen Szenen haben mir auch gut gefallen. Ich empfehle es gerne weiter.

"Wenn der Parasit etwas Gutes an sich hat, dann ist es das. Die Freiheit des Augenblicks. [...] Ich muss einmal Unfreiheit gespürt haben, sonst wüsste ich das nicht."