ausdrucksstarkes Sippengemälde

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Dieses Buch handelt von Frauen,
- die sich der Familiengeschichte und den Erwartungen, die Familie an sie stellt, entziehen oder – genau andersherum – nicht entziehen (können),
- denen der schöne Schein über das Glück geht
- die einander nicht etwa Stütze gegen das Patriarchat sind, sondern selbiges fortführen,
- die sich ins Schicksal fügen und dafür auf ihre eigene Persönlichkeit und ein freies Leben verzichten,
- die Schuld auf sich geladen haben,
- die sich „vereinzeln“ statt zusammenzuhalten …
Mit ausdrucksstarken Bildern und viel psychologischer Kenntnis über die Mechanismen innerhalb einer Familie beschreibt Annika Reich in ihrem Roman „Männer sterben bei uns nicht“ die Beziehungen unter drei Generationen von Frauen einer sehr reichen Familie. Männer spielen in dieser Familie – und im Buch – keine Rolle.
Dabei wird kaum eine richtige Handlung erzählt, sondern es geht in Gedanken und Gesprächen dezidiert um die Entlarvung der Charaktere. Mich hat sehr beeindruckt, wie gut es der Autorin gelingt, die Figuren darzustellen, ihr Leiden an den (vermeintlichen) Zwängen.
Auch ist es ein Buch darüber, wie unterschiedlich Erinnerungen an ein und dasselbe Ereignis sein können und wie wir sie im Lauf des Lebens verfälschen.
Schade ist nur, dass das Thema Männer so dermaßen ausgeklammert wird, dass man als Leserin nie erfährt, wo sie sind und wie sie leben und warum es das leere Haus mit einem Motorrad darin gibt. Es hätte meine Neugier befriedigt, auch hierüber Aufklärung zu erhalten.
Fazit: Sprachlich ausdrucksstark, psychologisch kenntnisreich, mit ein paar „Lücken“ in der Story.