Ein Leseerlebnis, wie ein tiefer See an einem windstillen Tag, der mich nachdenklich zurücklässt.

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littlesparrow Avatar

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Männer sterben bei uns nicht ist die Geschichte von Frauen, deren Männer irgendwie abhanden gekommen sind. Es klingt nach einem gemütlichen Zusammenleben auf einem großzügigen Anwesen direkt am See. Fünf Häuser gibt es auf diesem Anwesen. Alle diese Häuser gehören Luises Großmutter. In einem davon lebt Luise mit ihrer Mutter und ihrer älteren Schwester Leni. Die Hoffnung, das Anwesen einmal weiter zu führen, liegt auf der jungen Luise. Luise, die immer bemüht ist, zu sein, wie es am besten in Großmutters Bild passt. - Alles andere wird einfach ausgeblendet. Gilt als nicht existent.





Und genau so verschwindet eines Tages Luises ältere Schwester Leni. Leni, die ihrer kleinen Schwester Halt gibt. Leni, die alle Sorgen und Nöte versteht und immer für Luise da ist. Leni, die plötzlich nicht mehr da ist. Weil es Luise gibt. Luise, die scheinbar genau die Richtige ist.



"Ich war das Lieblingskind, aber eben nur in einer ganz bestimmten Version, nur wenn ich genau den Platz einnahm, den Großmutter für mich vorgesehen hatte." - Seite 196



Männer sterben bei uns nicht zeigt mir bereits auf den ersten Seiten, dass die Wohnlage noch so idyllisch sein kann, wenn das Zwischenmenschliche fehlt. Wenn eine familiäre Verbundenheit keine Verbundenheit garantiert. Wenn Mitgefühl aufgrund eigener Interessen gar durch Animositäten ersetzt wird. Was bleibt, ist ein verkrustetes Herz bis über den Tod hinaus.

Annika Reich erzählt die Geschichte in einem nüchternen Tonfall. Gleichzeitig lässt sie keinen Zweifel daran, dass ihre Charaktere unter der Familiengeschichte leiden. Durch diese Erzählweise fehlt mir die emotionale Nähe zu den Charakteren. Damit ist es mir möglich, die Frauen aus der Ferne zu betrachten. Diese Frauen, deren Männer irgendwie abhanden gekommen sind und die sich selbst so wenig emotionale Nähe geben können.



"Eure Großmutter wollte es nie wahrhaben, aber auch wir gehören dazu, wir zerrupften Rosen." "Ich gehörte nie dazu, zerrupft oder unzerrupft", sagte Olga. "Ich durfte nicht einmal ihre Stifte benutzen. Weißt du das noch, Luise? Sie räumte sie weg, wenn ich kam, sie machte die Schränke zu." - Seite 183



Männer sterben bei uns nicht ist für mich ein ruhiges, zum Nachdenken anregendes Leseerlebnis.



Fazit
Männer sterben bei uns nicht ist für alle, die sich nicht scheuen, verbildlicht an Luises Seite das durch die Großmutter gelebte Patriachat zu erleben.