Hält am Ende nicht ganz, was es verspricht

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Die äußere Gestaltung des Buches kann ich nur bedingt nachvollziehen, da ich den Zusammenhang zum Inhalt sehr abstrakt finde. Man kann sich das Cover erst am Ende ein wenig erklären. Der Titel ist dagegen sehr gut gewählt, er lässt einen aufhorchen und macht sofort neugierig.

Von Beginn an hat mich die Grundthematik interessiert und der Schreibstil gefesselt. Ich wollte unbedingt weiterlesen. Abwechselnd wird aus der Erzählperspektive der jungen und erwachsenen Hauptfigur die Geschichte der miteinander verwandten Frauen aufgerollt - ein klassischer jedoch gelungener Ansatz. Durch den sehr eigenen Blick der Erzählerin entdeckt man nach und nach die Eigenheiten und Hintergründe der Mutter, Schwester, den zwei Omas, Tante und Cousine. Es gelingt Annika Reich sehr gut, eine Identifikation mit Aspekten und Gefühlen aus dem Leben dieser Frauen zu ermöglichen. Ich habe ordentlich mitgefiebert. Männer kommen nur indirekt vor und sind jedoch nicht unwichtig für die Aussage des Buches. Das ist ausgesprochen gut gelungen - wie bedrückend und schleierhaft die Männer dieser Geschichte wirken, nicht anwesend und dennoch beherrschend.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, bis auf die letzten Seiten. Die Autorin baut so viel Spannung auf, macht sich auch viel Mühe von allen Seiten die Thematik anzugehen - aber der Schluss überzeugt mich leider nicht. Es bleibt zu viel im Vagen oder wird gar nicht bzw. nicht schlüssig aufgelöst - z.B. die zwei toten Frauen, die zu Beginn für so viel Spannung sorgen. Auch fehlen mehr Informationen, um den Zustand oder die Entwicklung der Großmutter oder der Mutter nachzuvollziehen. Die Rolle des Krieges und die Verwicklung der Familie darin bleibt leider für mich auch neblig. Annika Reich beherrscht die Kunst der Andeutung und Auslassung sehr gut, dennoch bleiben für mich einige Fragezeichen. Dafür, dass der Rest so gut ist, hatte ich den Eindruck, der Autorin ist am Ende ein wenig die Luft ausgegangen. Alles in allem ist es für mich ein lesenswertes Buch.