Schuld, Macht und ein schweres Erbe

Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
buecher.am.meer Avatar

Von

Schuld, Macht und ein schweres Erbe. So in etwa könnte man Annika Reichs neuesten Roman „Männer sterben bei uns nicht“, der am 20.02.2023 im Hanser Berlin Verlag erschienen ist, verkürzt zusammenfassen.

Das prachtvolle Anwesen von Luises Großmutter könnte kaum herrschaftlicher sein: fünf pittoreske Villen, die sich aneinanderreihen, wunderschön gelegen an einem malerischen See. Ringsum schmückt das Anwesen eine großzügige Gartenanlage.

Es ist der Ort von Luises Kindheit, die hier mit ihrer Schwester Leni, ihrer Mutter, Tanten und weiteren Frauen ihrer Familie zusammenlebte.
Über die Familie und das Anwesen herrscht Luises Großmutter. Sie ist die bewunderte und ebenso gefürchtete Matriarchin der Familie. Die Männer der Familie sind nach und nach verschwunden.

Mit diesem Ort verbindet die Ich-Erzählerin Luise sehr ambivalente Gefühle. Als Kind entdeckt sie zwei Frauenleichen, die im See trieben. Nicht nur die toten Frauen, viele weitere Geheimnisse werden nach und nach an die Oberfläche gespült. Misstrauen, Wutgefühle und Missgunst wabern wie Nebel um das Anwesen.

Als Luises Großmutter stirbt, versammeln sich die verfeindeten Frauen der Familie am Grab des einst so mächtigen Familienoberhaupts. Das Erbe aus Schuld und Sühne lastet schwer auf den verbliebenen Frauen.

Doch bleiben zwei Fragen zurück: Wer ist Schuld an den Zerwürfnissen innerhalb der Familie? Ist eine Versöhnung möglich?

Mich interessierte Luises Familiengeschichte und deren verborgene Geheimnisse rund um das Anwesen und die toten Frauen sehr. Die Sprache des Buches ist direkt, der Text las sich leicht und flüssig. Nach wenigen Kapiteln wurde mir allerdings deutlich, dass ich keinen Zugang zu dieser Geschichte herstellten konnte. Die Protagonistinnen waren für mich nicht greifbar, ebenso der Inhalt. Viele Erzählstränge wurde nicht wieder aufgegriffen. Auch der Handlungsstrang rund um die toten Frauen wurde aus meiner Sicht zu wenig ausgearbeitet. Ich fragte mich beim Lesen, warum sie eine Rolle spielten. Oft wusste ich nicht, in welche Richtung sich das Buch entwickelt oder was die Autorin mir sagen will.

Die Szenerie rund um das Anwesen empfand ich insgesamt als recht erdrückend. Die Beziehung unter den Frauen wurde als sehr destruktiv geschrieben, was mich zunehmend bedrückte. Ich hätte das Buch so gerne in mein Herz geschlossen, aber leider passen wir nicht zusammen, was ich sehr bedauere.

Ich hoffe, dass das Buch seine Leserschaft findet, die sich in der Geschichte wiederfindet und wohlfühlt.

Ein ganz großes Lob an dieser Stelle noch an den Verlag! Das Buchcover ist einfach wunderschön. Ich liebe dieses Stillleben sehr ♥️.

Vielen Dank für das schöne Rezensionsexemplar!