Vielversprechendes Buch

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Auf dem großen Anwesen am See gibt es fünf Häuser, wovon eines leer steht. Die übrigen sind von den Frauen der Familie bewohnt - die Großmutter als Oberhaupt. Als diese stirbt, treffen sich die weiblichen Familienmitglieder auf der Beerdigung. Diese Beerdigung steht im Mittelpunkt und wird immer wieder von Rückblenden der Protagonistin Luise unterbrochen, die einem mehr und mehr Aufschluss über die Familie geben - oder doch nicht?

Warum wurde Luises Schwester Leni von der Großmutter weggeschickt? Wieso hat Luise nie ihren Großvater kennengelernt? Hat sie schon einmal ein Foto von ihrem Vater gesehen? Und was hat das Anwesen mit Krieg zu tun?
»Männer sterben bei uns nicht« ist ein Roman über Misstrauen, Erbe, Generationen und fehlende Solidarität.

»Meine Mutter vermied Gefühle, Marianna wollte sie besiegen, Olga verkleidete sie, bis sie ihr nicht mehr ähnlich sahen, und Großmutter Vera betäubte sie. Gefühle machten einsam - das war eine der großen Lektionen meiner Kindheit, und daran hatte sich nichts geändert, auch heute nicht.« (S. 72)

Der Roman deutet viel an, bleibt mysteriös und vage. Oft heißt es »wahrscheinlich«, »vielleicht« oder »wollte ich sagen« - als Leser*in bleibt man in vielen Momenten so unsicher, wie die Ich-Erzählerin, die die Lieblingsenkelin und Alleinerbin ihrer Großmutter ist. Dass es dadurch zu Neid und Missgunst und schon lange schwelenden Streitigkeiten kommt, ist klar. Doch diese bleiben meist unausgesprochen. Ebenso wie die Abwesenheit der Männer im Roman. Nur Erzählungen, Erinnerungen und das leerstehende Haus scheinen an sie zu erinnern.

Ein vielversprechendes Buch mit mysteriösem Setting und spannender Prämisse, das diese meiner Meinung nach leider nicht halten kann. Viel zu viel bleibt nur angedeutet und unausgesprochen. Gerade das könnte diese Familiengeschichte interessant machen, schafft hier aber leider eher Schemenhaftigkeit und Verworrenheit. Es hat trotzdem Spaß gemacht zu lesen, vor allem die subtilen Überlegungen zu Erinnerung und Erzählen haben mir gefallen. Alles in allem aber leider keine Leseempfehlung von mir.