Blumensamen, die die Erinnerung wachhalten?

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Ein kleinformatiges schmales Buch liegt vor mir, nur gut 200 Seiten stark. Der wunderschön gestaltete Schutzumschlag zeigt ein altes italienisches Fresko in verwaschenen Grün- und Blautönen, einen blühenden Garten mit Fruchtbäumen und Vögeln. Die Atmosphäre ist ein wenig melancholisch, sehnsüchtig, auch heiter. Diese Stimmungen finden sich ebenso im Roman wieder.

Der erste Teil umfasst in chronologischer Folge die Kriegsjahre 1940 bis 1945, vier Personen der Familie Prochazka kommen zu Wort: die geschiedenen Eltern Emma und Pavel, der Sohn Alfred, die Tochter Lotte. Die beiden Kinder Fritz (Lottes Zwillingsbruder) und die älteste Tochter Helga haben hier keine eigene Stimme, sondern finden über die wechselnden Erzählperspektiven der anderen Erwähnung. Die Familie lebt verstreut in Brünn, Davos, Graz. Die einzelnen sehr knappen Kapitel breiten wie in einem Kaleidoskop Bruchstücke dieses Familienlebens aus, das vor allem durch den Fortgang Emmas nach Davos keines mehr ist. Der Stil ist geprägt durch kurze, gereihte und teils unvollständige Sätze, detailhaft und genau beschreibend. Die Romanfiguren agieren, funktionieren, passen sich an die Umstände ihres Lebens und der Zeit an.

Im zweiten Teil wechselt die Autorin Ursula Wiegele vom personalen Erzähler zur Ich-Erzählerin Helga. Die Geschichte wird flüssiger, geschlossener, liebevoller und heiterer. Helga lebt seit 1947 in Italien und richtet zu Beginn der 1990er Jahren ihren Blick zurück auf ihre Zeit im Kloster und die prägende Tätigkeit im Blindeninstitut in Graz, ihr weiteres Leben in Italien und ihre späte Liebe zu Max, mit dem sie nun in einem Haus am Meer lebt. Mit Max bereitet sie das alljährliche (und versöhnende) Familienfest vor und fügt in der Rückschau viele Geschehnisse der Familiengeschichte ordnend zusammen.

Lange lässt uns die Autorin im Ungewissen, was der Buchtitel "Malvenflug" bedeuten soll. Und bis zum Schluss bin ich mir nicht sicher geworden, ob ich das Geheimnis entschlüsseln konnte. Insgesamt keine einfache Lektüre, die ich oft etwas ratlos aus der Hand gelegt habe und bei der ich mich schwertun würde, sie zu verschenken.