Vielstimmige Familiengeschichte

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aischa Avatar

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Ursula Wiegeles neuestem Roman liegt eine fundierte Recherche zugrunde, die Respekt verdient. Es gefällt mir, dass sie durch ihr Buch die einzelnen Schicksale der vielköpfigen österreichischen Familie Prochazka während und nach dem zweiten Weltkrieg nicht in Vergessenheit geraten lässt, dass sie die Geschichte lebendig werden lässt.

Denn sicher frage nicht nur ich mich in Bezug auf die NS-Diktatur immer wieder: Wie konnten derartig unmenschliche Grausamkeiten in unvorstellbarem Ausmaß nur geschehen? Doch leider liefert "Malvenflug" darauf keine Antworten. Zwar gibt es im ersten Teil zahlreiche Perspektivwechsel, doch so richtig nahe kam mir keine der Figuren. Dafür taten sich immer neue Fragen auf: Wie ging es der Mutter damit, während ihrer Anstellung in einem Schweizer Hotel so lange getrennt von ihren Kindern zu sein, welche Ängste musste sie während des Kriegs ausstehen, warum blieb sie auch nach Kriegsende noch lange fern der Heimat? Wieso unterstützte sie ein Kind ihres Ex-Mannes aus zweiter Ehe finanziell? Auch Großeltern und die vielen Kinder bleiben recht farblos, zu distanziert und nüchtern ist der Erzählstil, ich konnte keine Beziehung zu den Figuren aufbauen. Ich musste fast bis zum Romanende immer wieder zum (glücklicherweise) vorangestellten Personenregister vorblättern, um den Überblick nicht völlig zu verlieren. Der Alltag bleibt fragmentarisch, für Gefühle ist wenig Platz, Beweggründe sucht man vergebens. An den ersten, episodenhaften Teil schließt Wiegele eine Erzählung an, die sie ausschließlich in einem Rückblick aus Sicht der ältesten Tochter erzählt. Doch auch hier wird das meiste nur angerissen, mir fehlt leider Tiefgang.

Fazit: Zu wenige Buchseiten für derart viele Lebenswege,