Wie Samen verstreut und doch Familie

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
frie Avatar

Von

Ein hübsch eingebundenen Buch hält man in Händen; zu sehen eine Abbildung eines Fresco aus Prima Porta. Der Titel macht neugierig, habe ich doch Malven beim Fliegen noch nie betrachtet.
Das Buch startet mit einem Personenverzeichnis; das kann man gut gebrauchen, besteht doch der erste Teil des Buches aus kurzen Leseabschnitten, in welchen verschiedene Mitglieder der Familie Prochazka Einblick in ihr Leben und ihre Gedanken zwischen 1940 und 1945 geben. Emma lebt getrennt von ihrem Mann Pavel, welchen sie inflagranti erwischt hatte. Sie nimmt eine Stelle in Davos an und lässt ihre vier Kinder zurück. Wir erfahren, wie es denen mitten im Krieg und voll unter Einfluss des dritten Reiches geht. Weder die Kirche, noch die Schule oder die Großeltern können das Fehlen beider Elternteile auffangen. Jedes Kind entwickelt sein eigenes Muster, das auszuhalten.
Der zweite Teil beschreibt die Jahre nach dem Krieg bis ins heute und ist aus der Sicht der ältesten Tochter, Helga geschrieben. Ein regelmäßig stattfindenes Familientreffen steht an, an welchem die Mutter erstmals nicht teilnehmen will.
Der erste Teil des Buches mit seinen Schlaglichtern auf einzelne Personen erinnert mich an 'Tell' von Schmidt. Die zurückhaltende, distanzierte Beschreibung lässt viel Raum für eigene Gedanken. So habe ich mich gefragt, warum sich die Mutter quasi um die Treffen mit den Kindern 'drückt' und welche emotionalen Lücken das in der Entwicklung der Kinder hinterlässt.
Dadurch, dass Wiegele das Buch ihren Großeltern mütterlicherseits widmet gehe ich davon aus, daß sie ihre Familiengeschichte darin einfließen lässt. Da ich selbst Ahnenforschung betreibe, finde ich den Ansatz spannend und verstehe aber auch die fühlbare Distanz zu den Protagonisten. Ein bisschen muss man sich die Geschichte der Familie ja auch vom Leib halten, damit sie einen nicht überrollt. Ich bin mir sicher, dass die Autorin die Nachwehen dieser Geschehnisse 'spürt. Es ist ein leise erzähltes Buch mit einem versöhnlichen Ende. Ein Lesebändchen hätte ich schön gefunden, da das Buch auch ein Geschenk sein könnte. Für mich eine Leseempfehlung mit 4 Sternen.