Kämpferische Frau

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In einem Manifest werden konkrete Positionen festgehalten und veröffentlicht. Der Autor macht sich gleichsam gläsern bezüglich Identität, Erfahrungen, Weltanschauung, Überzeugung und Absichten. Genau das tut Bernardine Evaristo in ihrem Sachbuch. Wer im England der Sechzigerjahre etwas erreichen wollte, aber weder weiß noch männlich war, hatte es damals weit schwerer als heute. People of Color so wie Evaristo erlebten Rassismus allerorten, und dieser Begriff taucht gerade im ersten Kapitel in fast jedem Absatz auf. Sie legt den Finger auf viele heikle Stellen, klagt auch immer wieder an, wird aber nie larmoyant. Die Autorin schreibt mit Drive, sehr leidenschaftlich, mit Eigenkritik und Humor.
Evaristo bündelt die Themen in sieben Kapiteln. Damit führt sie dem Leser ihre Welt bis ins Detail vor: ihren Werdegang vom Kleinkind bis heute, der Einfluss verschiedener Menschen auf ihren Charakter und ihr Leben, ihr Schaffen auf der Bühne und als Autorin, das innerste Ich und ihre Ziele. Respekt vor dieser kämpferischen Frau, deren Werk vielen Menschen Mut machen kann.
Die Gestaltung des Buches selbst weist einige ungewöhnliche Einzelheiten auf. Jedes Mal, wenn ein neues Kapitel beginnt, wird dessen Nummer in den Sprachen ausgeschrieben, die darin eine Rolle spielen: Englisch, Altenglisch, Yoruba, Gälisch, Irisch, Portugiesisch und Brasilianisch. So lassen sich ganz nebenbei allfällige eigene Sprachkenntnisse auffrischen.
Am unteren Ende der Seiten wird der Name des Kapitels angeführt, zum Beispiel „Vier: Theater, Community, Performance, Politik“. In der Mitte des Werkes sind 16 Seiten mit Fotos, welche ausgiebig erläutert werden.
Eine sehr lange Danksagung, die sich über fünf Seiten erstreckt (auch das ist selten), beschließt das Buch. Ich empfehle es jedem, dessen Eigenmotivation ab und zu einen Schubs braucht. Oder dem, der sich an außergewöhnlichen Menschen ein Beispiel nehmen möchte.