Warum ich nie aufgebe - ein Manifest

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
wörterkatze Avatar

Von

Als erste schwarze Frau gewann Bernardine Evaristo für “Mädchen, Frau etc” den Booker Prize mit einem Buch, das eigentlich nicht ihrem Schreibstil der lyrischen Prosa entspricht, sondern einfach ein Prosawerk ist. Dass sie den Booker Prize gewann, ist direkt dreifach außergewöhnlich, denn sie ist eine Frau, schwarz und noch homosexuell für den Literaturbetrieb erstaunlich. Mit nun mehr sechzig Jahren hat sie nun ihre Biographie veröffentlicht, wieder in der Prosaform und sie zeigt ihren Lebensweg von ihrer Kindheit über ihre Anfänge am Theater und als Schriftstellerin. Aber sie geht auch ins Private hinein. So erzählt sie von ihrem Liebesleben und auch von den Schwierigkeiten, die sie als marginalisierte schwarze Frau in Großbritannien hat.


Immer wieder kommt sie in den sieben Kapiteln auf ihr Leben als People of Color und Feminstin zu sprechen. Sie erzählt eindrücklich von ihrer Kindheit mit einer weißen Mutter und einem nigerianischen schwarzen Vater. Wobei gerade die Familie ihres Vaters in der Kindheit keine große Rolle gespielt hat, denn er hat jeglichen Kontakt in seine nigerianische Heimat abgebrochen. So erfährt sie auch nichts von der Kultur und Sprache Nigerias, was sie aber erfährt ist, dass sie und ihre sieben Geschwister aufgrund ihrer Hautfarbe nicht als echte Engländerin angesehen wird. Denn obwohl sie in Großbritannien geboren ist, sehen sowohl die Nachbarn als auch die Oma mütterlicherseits sie nicht der britischen Gesellschaft zugehörig. Was dies für ein Kind bedeutet, versucht sie uns näherzubringen.


Sie sieht sich aber nicht als Opfer der Gesellschaft, sondern geht auch auf ihre eigenen Schwächen ein und wirkt dadurch authentisch. Die ersten beiden Drittel von Manifesto kann man eindeutig als Biographie bezeichnen, denn sie erzählt von ihrem Weg zur Booker Prize Gewinnerin, erzählt von den Frauen und Männern, die ihren Weg kreuzen, stellenweise begleiten und auch von ihrer Ausbildung an der Schauspielschule, am Theater, als Aktivistin und schließlich als Autorin. All dies immer im Kontext von Gender und Rassismus. Sehr gut erzählt und auch berührend.


Das letzte Drittel kommt dann wie ein Bruch vor. Hier ist es weniger autobiografisch, sondern eher ein Ratgeber. Passt dann auch zum Untertitel “Warum ich nie aufgebe”. Sie erzählt hier von den noch nicht ins Deutsche übersetzten Büchern, gibt Ratschläge zum Thema Schreiben, Persönlichkeitsentwicklung und positiven Denken. Irgendwie passt es für mich nicht zu den ersten beiden Dritteln und lässt einen faden Beigeschmack zurück, mit dem Mantra “nur positiv denken, dann klappt auch alles”. Das ist mir zu billig und einfach gestrickt. Denn nicht alles kann man nur mit positiven Denken, Engagement in der heutigen Zeit schaffen, vielleicht war dies in den siebziger und achtziger Jahren einfacher.


Fazit

“Manifesto” überzeugt auf den ersten zwei Dritteln mit der Lebensgeschichte von Bernardine Evaristo, aber mit dem letzten Teil nimmt die Wirkung des Buches in meinen Augen ab.