Vom Geben und Nehmen

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zebra Avatar

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Es gibt Bücher, die einen etwas ratlos zurücklassen – von denen ist „Marigolds Töchter“ für mich eines. Doch warum?
Die Geschichte handelt von Marigold, einer Mittsechzigerin, die mit ihrer Familie in einem kleinen englischen Dörfchen lebt. Als plötzlich Daisy, Marigold älteste Tochter nach der Trennung von ihrem langjährigen Partner vor der Tür steht, müssen alle noch näher zusammenrücken. Zunächst sind alle so damit beschäftigt, sich in die neuen Verhältnisse zu fügen, dass kaum jemand bemerkt, wie Marigold abbaut.
So viel zum groben Geschehen. Nun zu dem, was mich so ratlos macht: Marigold wird als Seele von Mensch vorgestellt und als Zentrum der Familie sowie sogar des gesamten Dorfes, denn ihr gehört der Dorfladen, der in solch kleinen ländlichen Strukturen ja immer den Mittelpunkt bildet. Und nun beginnt es, schwierig zu werden: Denn der Grund für Marigolds Abbau ist Demenz und es will mir nicht in den Kopf, dass ein Mensch, der so im Zentrum des Geschehens steht, so „ungewarnt“ in dieses Schicksal schlittert. Warum spricht Marigold nicht mit ihrer Familie (klar, um sie nicht zu belasten …)? Aber hätte nicht irgendwer irgendwann etwas bemerken müssen oder hat nur niemand je etwas gesagt? Ja, das ist sicher ein Klischee: je prominenter die Rolle eines Menschen in einer Gesellschaft ist, desto weniger wird es „Kritik“ geben. Womit wir auch schon beim Thema Klischee wären: Ja, es mag noch kleine Orte geben, in denen das Leben fast so abläuft, aber das ist alles schon sehr „rosarot“ und das wiederum passt dann nicht dazu, dass ja alle auch irgendwie auf Marigold achtgeben sollten. In dieses Bild passt prima, dass man sich natürlich um Daisy und einen neuen Mann für sie durchaus Gedanken macht (da gibt es dann durchaus komische Ansätze) – um Marigold aber nicht?! Je länger ich über das Buch nachsinne, desto ratloser bin ich, denn schreiben kann die Autorin eigentlich, sie gibt sich Mühe mit der Zeichnung der Figuren und sie spricht mit Demenz bzw. dem Zusammenrücken von Familien bzw. der Auseinandersetzung mit Demenz ja auch ein ernstes Thema an – das Ganze „nett“ zu verpacken ist ja auch ein guter Ansatz. Aber warum trägt sie so dick auf? Das war mir einfach „too much“. Insgesamt hätte es für 2,5 Sterne gereicht, die abgerundet werden, weil die Geschichte zu wenig Unterhaltung bat und zugleich zu wenig ernsthaft an das Thema heranging.