Bitter und süß zugleich – Leben in Italien in den Sechziger Jahren

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miltonia 01 Avatar

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Eigentlich dachte ich, einen typischen leichten Italia-Sole-Mare-Amore-Roman vor mir zu haben, aber das Buch ist weit mehr und es hat mich wirklich gepackt, gefesselt und sehr positiv überrascht.

In den einzelnen Kapiteln, denen witzigerweise auch immer ein ganz großer italienischer Hit oder Schlager vorangestellt ist, wird das Leben der Bewohner des fiktiven Örtchen Sant‘Amato in Laufe der 60-iger Jahre beschrieben. Und wie es im wahren Leben so ist, gibt es nicht nur Glück und Sonnenschein, sondern auch verbotene Leidenschaften, Intrigen, verlorene Kämpfe und Hass, die tiefe Verletzungen und Wunden verursachen.Manche Menschen leiden schwer an den ihnen zugefügten Verletzungen, andere setzen sich dagegen skrupellos über das von ihnen verursachte Leid hinweg und schaffen es problemlos, alles außer dem eigenen Wohlergehen auszublenden.

Da ist zum Beispiel der Olivenbauer Davide, der lange Jahre Marina, die Frau des Friseurs Carlo liebt, beide können sich aber nicht aus ihren Familien lösen. Davides Sohn Nino übernimmt zur Enttäuschung der ganzen Familie nicht den Oliven-Hof, sondern wird Meeresbiologe. Ninos Freund Beppo steht auf Männer, was im Dorf keiner wissen darf und will es unbedingt aus den ärmlichen Verhältnissen seines Elternhauses heraus schaffen. Und Matteo, ebenfalls Ninos Freund, der unbedingt Fußballer bei Juve werden möchte und unendlich in die Tochter des örtlichen Patrone verliebt ist, muss deshalb um sein Leben fürchten. Alle müssen ihren durchaus schwierigen Weg finden.
Auch die schwere Vergangenheit in der Zeit des 2. Weltkrieges hat in der Geschichte des Dorfes und in seinen Bewohner tiefe Wunden hinterlassen, die in den jüngeren Generationen weiterwirken. Aus dieser Zeit steht ein böses Geheimnis nicht nur z. B. zwischen Carlo und seiner Frau Marina.

Außer den Bewohnern des Dorfes tauchen auch immer wieder Personen auf, die nur kurz im Dorf waren, der Künstler, dessen Frau in Sant‘Amato stirbt oder die deutsche Fabrikantentochter Reni, die in der Nähe einen schlimmen Unfall hatte. Und der Autorin gelingt es sehr gut, auch diese Nebengeschichten in den Romanverlauf einzubinden, obwohl es die für den Hauptstrang nicht unbedingt gebraucht hätte. Bei jedem neuen Kapitel habe ich mich gefreut, zu sehen, wie es mit den Personen weitergeht.

Die Sprache ist sehr schön flüssig und verständlich und es machte mir wirklich Freude, immer weiter zu lesen. Gerade die italienische Atmosphäre wird ganz treffend eingefangen, die Schilderungen des Meeres und der Landschaft sind für mich überaus bildhaft.

Mich hat das Buch sehr angerührt und an wunderschöne Zeiten in Italien erinnert, deshalb von mir 5 Sterne.