ein Retro-Roman

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
bücherkarin Avatar

Von

so möchte ich "Marina, Marina" von Grit Landau bezeichnen. Hier leben die 60er Jahre auf, mit der Italiensehnsucht der Deutschen, der großen Familienliebe der Italiener, die aber auch im streng katholischen Ligurien langsam zu bröckeln beginnt, die Frauen werden empfänglich für fortschrittliche Ideen.
Der Roman spielt im Küstenort Sant´Amato an der Blumenriviera, und wenn es mit Nino, Marina, Matteo auch einige herausragende Protagonisten gibt, eigentlich sind alle Dorfbewohner Hauptpersonen und ihr Schicksal, ihre Träume und was daraus wird, ist beschrieben. So ist es auch sehr hilfreich, dass dem Roman ein Personenverzeichnis vorangestellt ist, damit der Leser den Überblick behält.
Der Roman hat einen raffinierten Aufbau. Beginnend mit dem Jahr 1960 und dem damaligen "Ohrwurm" "Marina, Marina" werden bis 1968 jeweils die Ereignisse des Sommers im Küstenort beschrieben, vorangestellt ist der jeweilige Sommerhit des entsprechenden Jahres. Dadurch geht die Chronologie teilweise verloren, der Leser erfährt erst aus den Erzählungen der Folgejahre, wie manche Dinge ausgehen, bsp.weise, ob Ninos Eltern ihm letztendlich erlauben, Meeresbiologie zu studieren, Matteo Fußballprofi bei Juve wird, ob Marina ihrem Mann das Kind unterschieben kann u.ä. mehr.
1968 sind die Jungs, die Freunde waren und auch irgendwie miteinander verwandt, volljährig - und wir treffen sie nun erst 1980 auf einer großen Hochzeitsfeier wieder und hier wird für den Leser noch manches Rätsel gelöst.
Eingeschoben ist auch noch ein längerer Bericht über die Ereignisse des sommers 1944, die faschistischen Greueltaten der deutschen Besatzer, den Partisanankampf, Verrat und Intrigen. Nach diesem Kapitel versteht man auch noch vieles besser, worauf in den vergangenen Kapiteln Bezug genommen wurde.
die autorin hat sich mit dieser Spannbreite ihrer Erzählung viel vorgenommen, aber sie hat die Aufgabe bravorös gelöst. Der Roman liest sich flüssig und ist an keiner Stelle langweilig, läßt dem leser aber auch Verschnaufpausen, in denen er über den tieferen Sinn mancher Passagen nachdenken kann.
Das Cover läßt einen leichten, luftigen Sommerroman vermuten, in weiten Teilen ist er das auch, aber es ist auch viel Tiefgründigkeit enthalten.