eine aufrüttelnde Geschichte mit historischem Bezug

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mrs-lucky Avatar

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In ihrem Roman „Marschlande“ beschreibt Jarka Kubsova das Leben zweier Frauen, die in ganz unterschiedlichen Zeiten in den Hamburger Marschlanden leben, die aber der Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben verbindet.
In der Vergangenheit geht es um Abelke Bleken, die Ende des 16.Jahrhunderts einen eigenen Hof hinter dem Elbdeich bewirtschaftet. Zu dieser Zeit ist es ungewöhnlich, dass eine unverheiratete Frau allein einen Hof führt, ihr Erfolg weckt Neid bei den Nachbarn, sie kämpft einen aussichtslosen Kampf gegen Widrigkeiten, Vorurteile und Denunziation.
In der Gegenwart zieht die Geografin Britta Stoever mit ihrer Familie aus der Großstadt Hamburg in die Marschlande. Sie fühlt sich fremd in der Gegend, als sie auf die Geschichte Abelke Bleken stößt, ist sie fasziniert von deren Schicksal und sucht in der Natur nach Spuren ihrer Vergangenheit. Was Britta über Abelkes Leben erfährt, lässt sie über ihre eigene Situation nachdenken, die Benachteiligungen der Frauen in der Gesellschaft sind auch Jahrhunderte später präsent, starke Frauen müssen auch heute noch um ihren Platz kämpfen.
Abelkes Geschichte beruht auf historischen Belegen, es ist erschreckend zu lesen, wie ungerecht sie damals behandelt wurde und wie chancenlos ihr Kampf gegen die Voreingenommenheit Obrigkeiten war. Insbesondere dieser historische Teil des Romans hat mir sehr gut gefallen, er wirkt gut recherchiert und zeigt auf lebendige und glaubhafte Weise auf, wie die Ereignisse damals abgelaufen sein könnten.
Brittas Geschichte in der Gegenwart weist einerseits einige Parallelen zu Abelkes Leben auf, während letztere durch widrige Umstände ihre Unabhängigkeit verliert, beginnt Britta sich gegen eingefahrene Strukturen zu wehren und sich ein selbstbestimmteres Leben zu erkämpfen. Meine Sympathien waren beim Lesen jedoch deutlich auf Seiten von Abelke, Britta war mir zu naiv und passiv, ich habe sie als anstrengend empfunden, mit ihrer zumindest anfangs sehr selbstmitleidigen Art.
Insgesamt hat mir der Schreibstil des Romans gut gefallen, er vermittelt anschaulich die unterschiedlichen Stimmungen und zeigt auf eindrückliche Weise, wie schwer sich der Feminismus auch heute nicht tut, und dass es zu einer Chancengleichheit von Frauen noch ein weiter Weg ist.