Frauen wehrt euch

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robby-lese gern Avatar

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Schon mit „Bergland“ konnte mich die Autorin begeistern, doch mit ihrem neuen Roman „Marschlande“ hat sie mich am Haken und wird mich als Leserin nicht mehr los.

Auch dieses Buch wird auf zwei Zeitebenen erzählt. In der Gegenwart lernen wir Britta kennen. Eine Frau Mitte vierzig , verheiratet, die wegen ihrer zwei Kinder ihre Karriere als Geologin aufgegeben hat und nun halbtags im Homeoffice zum Familieneinkommen beiträgt.Ihr Mann hat sich seinen Wunsch erfüllt und ein Haus im Hamburger Umland gekauft, den „Eispalast“, der im Hamburger Marschlande an der Elbe liegt. Britta fühlt sich von Anfang an nicht heimisch hier und versucht durch Streifzüge durch die Landschaft ein Heimatgefühl zu bekommen. Dabei wird sie auf das Schicksal einer Frau aufmerksam, Abelke Bleken, die 1583 dort als Hexe angeklagt und verbrannt wurde. Bei der Recherche zu dieser Frau stellt Britta immer mehr Parallelen zu ihrem Leben fest, die nur durch die Jahrhunderte, die dazwischen liegen unterschiedlich sind, sich aber im Kern ähneln.

Abelke war eine selbstbewusste und selbstständige Frau, was schon mal eine gefährliche Mischung war, zumal zu dieser Zeit. Ihr Hof war groß und ihr gelang die Bewirtschaftung ihres Eigentums auch ohne einen Mann, was viele Neider auf den Plan rief. Durch Intrigen, Neid und Missgunst und durch eine Naturkatastrophe, die Novemberflut 1570, gelang es der Obrigkeit ihr den Hof zu enteignen und sie, da sie es wagte sich dagegen zu wehren, als Hexe zu verurteilen, was in dieser Zeit eine beliebte Art war, sich unliebsamer Leute zu entledigen, denn zu dieser Zeit begann die Hochzeit der Hexenverfolgung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen.(„ der gefährliche Moment für Frauen ist der, wenn sie anfangen sich zu wehren.“

Britta fühlt sich dem Schicksal dieser Frau verbunden, hat sie doch für ihre Familie ihre Karriere aufgegeben und wird mit der Hausarbeit und der Kindererziehung allein gelassen, ohne dafür irgendeine Anerkennung zu bekommen.Als ihr Mann ihr dann aus verletzter Eitelkeit auch noch die ihr zustehenden Zahlungen verweigert,nachdem sie sich vornimmt trennt, beginnt sie sich zu wehren.(„ die Sache ist die: man kann Frauen viel wegnehmen, man kann ihnen viel antun, aber solange sie dies mit sich machen lassen, bleibt es dabei.)

Die Autorin stellt in ihrem Nachwort eine Verbindung zwischen der Hexenverfolgung und dem Beginn der Diskreditierung der weiblichen Arbeit her und belegt dies mit dem Beispiel, dass z.B, das Bierbrauen damals in weiblicher Hand lag. Es gibt noch viele Beispiele, die ja auch in unserer heute eigentlich so fortschrittlichen Welt ihre Weiterführung finden, wenn man allein in die Berufswelt sieht, In der wir von der Gleichberechtigung noch weit entfernt sind.

Mir hat dieses Buch ausgesprochen gut gefallen. Die Figuren waren interessant und sympathisch, die Erfahrungen die Frauen machen gleich, auch wenn Jahrhunderte dazwischenliegen und der Schreibstil hat mich auch wieder überzeugt.

Schade, dass das Buch zu Ende gelesen ist und hoffentlich gehen der Autorin ihre Ideen nicht aus.