Abgesang an eine vergangene Welt

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gerwine ogbuagu Avatar

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Mit präzisem, langsam dahinfließendem Stil entfalten sich die Ereignisse im Leben auf der Insel Katria mit ihren Bewohnern und nun auch Touristen, die die erste und einzige Pension auf der Insel bevölkern werden. In sehr bildreicher, ja poetischer Sprache erzählt Fabiano die Schicksale der Inselbewohner. Sie entfalten sich nach und nach und wir lernen faszinierende Charaktere und Geschichten kennen. Im Mittelpunkt steht Noras Geschichte, Nora, die auserwählt ist, etwas zu sein und zu tun, das ihr fremd ist. Nora ist die Enkelin des Raìs der Insel, Andrea Lombardo, ihr Großvater eine imponierende Persönlichkeit. Nora sollte eigentlich ein Junge werden, um eines Tages ihren Großvater als Ràis abzulösen. Er ist der „Dirigent“ des Thunfisch Fangs, der Mattanza. Raìs ist sein Titel. So entfaltet sich vor uns ein Szenario, das zeigt, wie es ist, wenn altes von Neuem, Ungewohnten überrumpelt wird, wenn alles, was sakrosankt war und noch ist, sich auflöst und in Stücke zerfällt die mühsam wieder zusammengesetzt werden müssen. Die Inselbewohner werden gestört in ihrem gewohnten Dasein, dessen Mittelpunkt seit Generationen der Thunfischfang ist. Der Niedergang der Fische durch moderne Fangpraktiken kommt gleichzeitig mit der Ankunft von Flüchtlingen aus afrikanischen Ländern. Sie wollen nicht nach Katria, doch das ist ihr Anlaufpunkt. Und dann wird nichts mehr so sein wie vorher. Es kommt, wie es sich angekündigt hat – das auch das letzte Stück der alten Welt auf Katria sich auflösen muss – unwiederbringlich wird alles, das einmal Katrias Welt, die Welt ihrer Bewohner und der Tonnara gewesen ist. Die Thunfischschwärme ziehen nicht mehr vorbei, die Flüchtlinge bleiben und stellen die Bewohner vor nie erlebte Aufgaben. Wie ein Bürger Katrias bemerkt: “Die Welt besteht aus Menschen, die kommen und Menschen die gehen, und es wird der Moment kommen, an dem wir uns alle vermischen. Anstatt nicht mehr zu wissen, wer wir sind, werden wir deshalb nur etwas anderes sein…“ (S. 168)
Wir lesen eine Parabel – ein Sinnbild - über unsere moderne Welt, wie sie sich nun schon seit langem darstellt. Eindringlich erzählt Fabiano diese Geschichte, die voller Lebensweisheit steckt. Mit ihrem Stil, ihrer Wortwahl, ihrer sensiblen eindringlichen Beobachtungsgabe schenkt sie uns eine Dichtung, die lange nachwirkt.