Ein Juwel

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Eleonora kommt als Erbin für den Rais, den Anführer des traditionellen Thunfischfangs auf der Insel Katria, zur Welt. Es ist eine Jahrhunderte alte Männerdomäne, so wundert es nicht, dass die Welt dieser kleinen Insel Kopf steht. Gott muss einen Fehler gemacht haben! Doch die Inselbewohner stellen sich dieser Tatsache. Eleonora auch. Sie wächst fern von ihrer Familie beim Großvater auf, der sie an die Thunfischjagd heranführt. Diese wird ihr Leben bestimmen, mit Höhen und Tiefen.
Ganz gefühlvoll und leise wird die Beziehung der Inselbewohner zu Eleonora gezeichnet, ebenso wie Eleonoras Beziehung zum Großvater und zu ihrem gewichtigen Erbe. Das Leben auf der Insel entfaltet sich unaufgeregt aber sehr facettenreich. Die Stimmung erinnert an einen schönen aber auch melodramatischen italienischen Film in Schwarz-Weiß. Es braucht eine Weile, in diese Welt hineinzugleiten, aber dann ist man mitten drin und verschlingt die Geschichte bis zum Schluss. Die Handlung entfaltet sich von 1960 bis 2012 und spannt einen weiten Bogen – die moderne Welt hält Einzug auf Katria; wie in einem Zeitraffer fiebert man mit der Entwicklung und ihren Folgen mit.
Ein ganz wunderbares Stück Literatur ist der Autorin gelungen. Der Stil ist unverwechselbar und entfaltet einen faszinierenden Sog in die persönliche Geschichte Eleonoras aber auch in die ethischen Komplikationen unserer modernen Welt. Es lässt sich nicht vermeiden, spätestens am Ende des Buches, über die Auswirkungen so mancher moderner Entwicklung zu grübeln.
Für mich war das ein ausgesprochen faszinierendes Leseerlebnis, ähnlich wie in einem Boot auf dem aufgewühlten Meer zu fahren. Gute Handlung, überzeugende Entwicklung der Personen, feinfühlige Zeichnung von Tradition und Moderne mit allen dazugehörigen Reibungen, Bezug auf reale Gegebenheiten und eine ergreifende vielschichtige Aussage – eine tolle Mischung, ein wunderbares Buch!