Tradition vs. Moderne

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Mattanza ist eine traditionelle Art des Thunfischfanges, die im Mittelmeerraum bei Sardinien und Sizilien praktiziert wurde. Sie gilt heute als zu blutrünstig und brutal, war jedoch einst rituell, sakrosankt und mit traditionellem Kulturgut verknüpft. Das Buch „Mattanza“ schildert die Entwicklung der Mittelmeerinsel Katria von 1960 bis 2012 vor dem Hintergrund der modernen Veränderungen und der dadurch verdrängten Traditionen rund um die Mattanza.

Sehr dicht erzählt Germana Fabiano im Buch auf knapp 200 Seiten die Geschichte von Nora, die als erste weibliche Raìs die Traditionen der Mattanza aufrecht erhalten soll. Gott muss hier einen Fehler gemacht haben, denn es wurde traditionell ein Junge erwartet. Behutsam, leise und unaufgeregt werden Brauchtum und Sitte der Thunfischfänger geschildert. Schnell wird dann aber deutlich, dass die fortschreitende Zeit Neuerungen bringt, welche Stück für Stück die reale und ideelle Heimat der traditionellen Mattanza überformt und verdrängt. Beginnend bei Versuchen der kommerziellen Vermarktung, den Möglichkeiten der industriellen Massenproduktion, über voyeuristischen Tourismus, Überfischung des Mittelmeers durch Fischfanggiganten, Zerstörung des ökologischen Gleichgewichts, hin zu Flüchtlingsströmungen und Überforderung der Mittelmeerregion mit der Flüchtlingswelle. Beim Lesen wird der ethische Konflikt eines Ungleichgewichts von Tradition vs. Moderne deutlich.

Dieses Buch ist in meinen Augen kein Roman. Es ist mehr ein Lehrstück, das auf wenig Raum zum Innehalten aufruft und nachdenklich macht bei jedem Stück Thunfisch, das wir essen.