Herzensbuch

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jollybooktime Avatar

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"Mein Name ist Linda.
Linda bedeutet die Milde, die Freundliche, die Sanfte. Dieser Name hat nichts mehr mit mir zu tun." (S. 10)

Wie kann das Leben weitergehen, wenn man das einzige Kind verliert und wie viel Trauer hält eine Beziehung aus?
Lindas Tochter ist 17, als sie bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommt. Die gerade noch heile Welt der Eltern liegt begraben. Doch während ihr Mann Richard irgendwann wieder nach vorne schauen möchte, findet Linda nicht wieder zurück in den Alltag. Sie sucht einen blanken Ort, frei von Erinnerungen an ihre Tochter und ohne den Zwang zu funktionieren. Sie muss raus aus ihrem zertrümmerten Leben, aus der gemeinsamen Wohnung. Auf einem kleinen Hof vor den Toren Leipzigs vergräbt sie sich in ihrer Trauer. Wer ist sie nun noch - ohne ihr Kind? Sie isoliert sich - ihr altes Umfeld kommt nicht mehr an sie heran, lässt sie schließlich einfach in Ruhe. Doch Linda ist es recht. Auch als Richard aufgibt, um sie zu kämpfen und sich einer neuen Frau zuwendet, lässt sie es geschehen. Sie möchte unsichtbar sein - am liebsten tot. Lediglich zu Natascha und deren geistig behinderter Tochter Nine baut Linda eine neue und enge Freundschaft auf. Die Frauen eint das Muttersein bis zur Selbstaufgabe. Während der Lebensinhalt der einen verschwunden ist, geht die andere an ihrem zugrunde. Sie sind einander Stütze und finden einen neuen Weg zu leben, anstatt bloß zu existieren.

Daniela Krien erzählt von einer tiefen Trauer und Depression, deren bleiernen Mantel nur man selber (er)tragen kann. Sie beschreibt, wie viel Glück wir aus unseren Kindern ziehen können und wie groß der Schlund ist, der uns verschluckt, wenn sie fort sind. Doch sie zeigt auch einen Prozess, der am Ende zwar keinen neuen, aber zumindest einen verheilten Menschen hervorbringt, der trotz aller Narben weiterlebt. So gut konnte ich sowohl den dunklen Sog als auch die aufsteigende Leichtigkeit fühlen, durch die Linda geht. Das lähmende Gefühl, des weiteren Lebens müde zu sein, aber auch die Hilflosigkeit der Freundinnen, keinen Trost spenden zu können.
Wieder mal ein Herzensbuch!