Wie schwer wiegt Trauer?

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jidewi Avatar

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Jeder hat sein Päckchen zu tragen im Leben, jedenfalls ist es das, was wir uns gerne erzählen. Wir nicken uns zu, verstehen uns ohne Worte und nehmen an, was wir anzunehmen haben, was das Leben nun einmal für uns parat hält. Jeder bekommt das, was er verdient hat und nur das, was er tragen kann. Kleine Handtaschen, die wir uns schnell umwerfen können, Rucksäcke, die wir schon auf den Schultern spüren, ihren Abdruck schmerzhaft hinterlassen. Und auch manchmal große, umständliche Reisekoffer, die wir gefühlt durch Sand ziehen müssen mit ihrem bleiernen Inhalt. Aber was, wenn der Kofferberg so schwer, so groß ist, dass die Schultern ihn nicht mehr tragen können?

So fühlt sich Linda seit dem tragischen Verlust ihrer Tochter. Ihre Päckchen rauben ihr jegliche Beweglichkeit, Freude und auch den Drang sie weiterhin zu tragen, denn wohin soll sie ihre Trauer auch tragen?

Daniela Krien begeistert wiederum mit ihrer Klarheit, ihrem nüchternen Schreibstil und dem Mut sich Themen zu widmen, die wir lieber von uns schieben wollen. Liest es sich unangenehm für mich mit einer kleinen Tochter im Hinterkopf? Unbedingt. Ich habe selten so mitgelitten, so gespürt, ohne zu wissen, was es bedeutet mit einem solchen Verlust umzugehen. Der unerträgliche Schmerz spült sich aus jedem Wort, jeder Zeile, und manchmal auch ohne Worte, wie eine Welle, zieht sich zurück und immer, wenn du glaubst es gibt ein Vorne, umspült dich diese Welle wiederum und das Wasser zieht dich in die Tiefe. Ja, die Zeit heilt Wunden, aber über die Definition schweigen wir lieber, geben keine Prognosen ab. Es verläuft nie gradlinig, linear, sondern verläuft im Zickzack, vor und zurück, mit Anlauf ins Licht, mit Kopfsprung zurück ins nasse Kalt. Grandios geschrieben, tragisch und voller Liebe zugleich. Eine Empfehlung für alle, die sich vor der schweren Kost nicht scheuen und in den kleinen Dingen des Lebens immer noch Schönheit finden.