Ungewöhnliche Lovestory

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kimvi Avatar

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R ist ein Zombie. Er kann sich nicht mehr an seinen vollständigen Namen erinnern und er weiß auch nicht, was in seiner menschlichen Vergangenheit passiert ist. R ist nicht nur ansprechend gekleidet, sondern sieht für einen Zombie überraschend frisch und attraktiv aus. Er schlurft und stöhnt mit weiteren Zombies auf einem alten Flughafengelände herum und lässt die Zeit träge und faul verstreichen. Abwechslung aus diesem eintönigen Alltag versprechen nur die Tage, an denen die Zombies hungrig das alte Flughafengelände verlassen und sich auf die Suche nach menschlicher Beute machen. Bei einem dieser Raubzüge schlürft R das Gehirn von Perry. Bei diesem kulinarischen Hochgenuß gehen die Erinnerungen des jungen Mannes auf R über. In ihnen entdeckt R Perrys Freundin Julie. R beschließt spontan Julie nicht zu fressen und rettet sie vor seinen Zombiefreunden. Er nimmt sie mit auf das Flughafengelände und versteckt sie dort. Julie stellt bald fest, dass R sich deutlich von seinen Artgenossen unterscheidet. Je mehr Zeit die beiden miteinander verbringen, desto enger wird die ungewöhnliche Freundschaft. Julie lernt R zu vertrauen, dennoch kehrt sie zurück zu den Lebenden. Da R sich unsterblich in Julie verliebt hat, folgt er ihr und löst damit etwas aus, was niemand für möglich gehalten hätte....

**Meine Meinung**

"Mein fahler Freund" ist ein Roman mit einer ungewöhnlichen, aber sehr interessanten, Erzählperspektive. Die einzigartige Liebesgeschichte wird in der Ich-Form, aus der Sicht des Zombies R, erzählt. Man taucht also in eine völlig neue Gedankenwelt ein und hat so die einmalige Chance, an den teilweise sehr ekelhaften Fressgewohnheiten dieser Spezies teilzuhaben. R schildert dabei seine Eindrücke so intensiv, dass man schon fast das Gefühl hat, das Knacken eines menschlichen Schädels zu hören und das zarte Hirn auf der Zunge zu spüren. Man glaubt es kaum, aber trotz seiner Fressgewohnheiten wirkt der Zombie sehr sympathisch, da er einen lockeren und humorvollen Ton anschlägt, der sich durch Sarkasmus und schwarzen Humor auszeichnet, um seine außergewöhnliche Geschichte zu erzählen.

Seine Erzählung startet zunächst sehr schwermütig. Das träge, eintönige Schlurfen und Stöhnen der Zombies bestimmt den Alltag. Die Situation wirkt hoffnungslos und eine düstere Grundstimmung breitet sich aus. Diese Atmosphäre überträgt sich auf den Leser und deshalb fällt der Einstieg in die Handlung zunächst nicht ganz leicht. Die ersten Seiten lesen sich zäh und die Beschreibungen des Ich-Erzählers wirken holprig und wenig interessant. Doch es lohnt sich durchzuhalten, denn schon bald wandelt sich die Stimmung und die Handlung nimmt deutlich an Fahrt auf.

Durch die verwendete Ich-Perspektive ergibt sich eine etwas eingeschränkte Sicht auf die Gesamthandlung. R's sarkastische oder vor Selbstironie triefende Gedanken gleichen dieses Manko allerdings aus. Die Hauptprotagonisten dieser einzigartigen Liebesgeschichte sind der Zombie R und natürlich die menschliche Julie. Ihre langsame Annäherung wirkt glaubhaft, wenn man die Bezeichnung vor diesem Szenario überhaupt verwenden kann. In einigen Abschnitten kommt auch Perry, der ehemalige Freund von Julie und Besitzer des mit Genuß verspeisten Hirns, zu Wort. Diese Szenen lassen sich nicht immer sofort zuordnen und verwirren deshalb manchmal. Um die Zusammenhänge zu verstehen, sollte das Buch deshalb nicht einfach nebenbei, sondern konzentriert gelesen werden. Julies Freundin Nora gehört ebenfalls zu den Hauptakteuren, genauso wie R's nicht ganz so träger Zombiefreund M. Auf diesen Protagonisten, und ihren Beziehungen untereinander, liegt der Fokus der Handlung. Der Rest der Akteure geht in der breiten Masse unter. Die Liebesgeschichte dieses ungewöhnlichen Paares  wirkt nicht zu überladen oder gar kitschig. Man merkt wie sich die Gefühle langsam entwickeln und damit scheinbar Unmögliches bewirken.

**Mein Fazit**

Die ungewöhnliche Erzählperspektive und der überraschende Tiefgang des Romans haben mir gut gefallen. Da die Handlung auf mich stellenweise sehr zäh und langatmig wirkte und beim Abschluss  einige Fragen offen blieben, vergebe ich drei von fünf Bewertungssternen.