macht Mut für ein besseres Zusammenleben

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marialein Avatar

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Elternsein in der heutigen Zeit ist bekanntlich alles andere als leicht. Nicht nur hat man meist die doppelte Belastung durch Arbeit und Kindererziehung, das Ganze wird auch noch erschwert durch all die widersprüchlichen Erwartungen, die an einen gestellt werden. Gefühlt nichts kann man richtig machen, immer gibt es jemanden, der einem sagt, dass das mit dem Kindererziehen doch ganz anders funktioniert. Die Angst, seine Kinder falsch zu erziehen, ist nicht neu, doch nie zuvor steckten Eltern in so einer Zwickmühle – entweder ist man zu streng oder eben nicht genug, entweder vernachlässigt man seine Kinder, weil man sich wieder mehr seiner Karriere widmen will, oder man überbehütet und verweichlicht sie mit seiner Fürsorge.

Nora Imlau gibt in ihrem „Familienkompass“ Orientierung für derart verunsicherte Eltern, die ihre Kinder liebevoll und zugewandt begleiten wollen. Sie argumentiert, dass auf Grund unserer eigenen frühen Prägungen die Angst vor ungezogenen und gar tyrannischen Kindern auf Grund fehlender Härte allgegenwärtig, aber wissenschaftlich gar nicht begründet ist. Vielmehr ist es angesichts der heutigen Erkenntnisse wichtig, Kinder als vollwertige und gleichberechtigte Menschen anzusehen. Dabei steht für die Autorin nicht nur im Vordergrund, die tiefsten Bedürfnisse der Kinder zu erfüllen, sondern auch und vor allem seine eigenen. Denn nur zufriedene Eltern können sich ihren Kindern so zuwenden, wie es aus wissenschaftlicher und moralischer Sicht richtig und zielführend ist.

Der Gedanke, dass Erziehung ganz ohne Druck und Strafen auskommen soll, erscheint erst einmal ziemlich radikal und abwegig. Denn auch wenn Begriffe wie Bindung und Zugewandtheit in der Erziehungsliteratur heute allgegenwärtig sind, muss man doch erst mal sehr stark seine eigenen Prägungen hinterfragen und überwinden, bevor man sich auf ein solches Modell einlassen kann. Das ist zugegeben gar nicht so einfach und erfordert etwas Zeit und Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte. Doch lohnt es sich, denn wenn man sein Verhalten seinen eigenen Ansprüchen und moralischen Vorstellungen anpasst, lebt es sich in der Familie und insgesamt viel leichter. Und natürlich profitieren auch die Kinder von entspannteren, verständnisvollen und wertschätzenden Eltern, die sich bewusst mit der Frage auseinandergesetzt haben, was sie für sich und ihre Familie wirklich wollen.

Der Ratgeber war, auch wenn er auf den ersten Blick erst mal ziemlich viel verlangt, eine echte Bereicherung und Motivation für ein anderes Zusammenleben mit Kindern. Durch die zahlreichen Beispiele aus dem eigenen Alltag zeigt Frau Imlau immer wieder, wie das Familienleben nach ihren Vorstellungen konkret aussehen kann. Dabei nimmt sie auch oft Einwände von anderen Eltern oder der Gesellschaft insgesamt vorweg, die einem auf diesem Weg entgegenschlagen können – und die bei genauerem Hinsehen und mit der nötigen Auseinandersetzung mit dem Thema leicht entkräftet werden können. Anders als bei vielen anderen Erziehungsratgebern betont sie aber auch immer wieder, dass es immer wieder Tiefpunkte und Zweifel geben kann, wenn man seinen eigenen Ansprüchen einfach nicht gerecht wird oder aber auch feststellt, dass man sich mit dem erzieherischen Erfolg anderer Vorzeige-Eltern nicht messen kann.

Dieses Buch hat mich vor allem durch die Ehrlichkeit und das Verständnis der Autorin überzeugt. Es macht Mut, dass ein respektvoller Umgang mit Kindern richtig und erstrebenswert ist. Im Gegensatz zu anderen Ratgebern schlägt man diesen nicht mit dem Gefühl zu, alles falsch zu machen. Sondern mit dem guten Gefühl, dass ein harmonisches Familienleben tatsächlich gelingen kann.