vielsichtiger DDr Roman

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maila Avatar

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Schon die ersten Seiten haben mich vollkommen in den Roman hineingezogen. Alena Schröder schafft es mit einer ruhigen, präzisen Sprache, Figuren lebendig werden zu lassen, ohne sie zu erklären oder zu erklären zu müssen. Der Einstieg im Berlin des Jahres 1989 ist eindringlich und berührend: Die Begegnung zwischen der pensionierten Ärztin Evelyn und der aus der DDR geflohenen Malerin Marlen wirkt zunächst unscheinbar, entfaltet aber schnell eine emotionale Tiefe, die neugierig macht und lange nachhallt.

Besonders beeindruckt hat mich, wie der Roman zwischen verschiedenen Zeiten und Lebensgeschichten wechselt. Die Kapitel im Jahr 1945 sind schwer auszuhalten, aber genau deshalb so wirkungsvoll. Die Perspektive der jungen Marlen, ihre Angst, ihr Überlebenswille und die Zufälligkeit, mit der Kunst, Gewalt und Hoffnung ineinandergreifen, haben mich sehr bewegt. Die Szenen sind drastisch, aber nie voyeuristisch – sie wirken ehrlich und respektvoll.

Der Sprung in die Gegenwart mit Hannah bringt eine ganz andere, aber ebenso glaubwürdige Ebene hinein. Ihre Unsicherheiten, ihr Feststecken im eigenen Leben, die Freundschaft zu Rubi und das Gefühl, dass alle anderen weiterziehen, sind sehr zeitnah erzählt und leicht nachzuempfinden. Besonders gelungen finde ich, wie subtil die Verbindung zwischen den Generationen aufgebaut wird – das Gemälde, die Andeutungen, die offenen Fragen wirken wie ein leiser Sog durch die Handlung.

Was mir an der Leseprobe besonders gefallen hat, ist die Mischung aus Ernst und leiser Ironie, aus Schmerz und Wärme. Der Roman erzählt von Frauenleben, von verpassten Chancen, von Kunst und Selbstbehauptung, ohne pathetisch zu werden. Ich habe schnell eine emotionale Bindung zu den Figuren aufgebaut und möchte unbedingt weiterlesen, um zu erfahren, wie sich die Geschichten weiter verweben und welche Geheimnisse noch ans Licht kommen.

Für mich ist „Mein ganzes Leben, Öl auf Leinwand, ohne Titel“ ein vielschichtiger, kluger Roman, der nachdenklich macht und gleichzeitig sehr nah an seinen Figuren bleibt. Ein Buch, das man nicht nur liest, sondern spürt.