Der Inbegriff von toxischer Beziehung

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lexoxnie Avatar

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Vielleicht generell vorweg: Wer nach einem schönen Wohlfühlbuch sucht, wird hier nicht fündig.
Aus der Perspektive einer Frau in ihren Vierzigern wird ihr (Ehe-)leben beschrieben, was sich in wirklich allen Bereichen als toxisch herausstellt. Der Roman gibt Einblick in eine mehr oder weniger typische Woche der beiden Eheleuten: Geheimnisse, Betrug, mangelnde Kommunikation und "Bestrafungen" stehen dabei an der Tagesordnung. Mir war es beim Lesen fast nicht möglich irgendeine Sympathie mit der Protagonistin zu empfinden. Sie scheint ihren Mann in einem Ausmaß zu lieben, welches für sie und alle Beteiligten eher zerstörerisch wirkt.
An manchen Stelle merkt man allerdings etwas auf, und hinterfragt auch gesellschaftliche Mechanismen, die ein solches obsessives Verhalten fördern können, wenn man zum Beispiel bedenkt, inwiefern Frauen über die "Qualität" oder die reine Existenz eines Mannes an ihrer Seite definiert werden. Man merkt, dass die Protagonistin patriarchale Strukturen verinnerlicht hat, sodass Nichts in ihrem Leben auch nur einen ähnlichen Stellenwert wie ihr Mann.
Obwohl man sagen könnte, dass es nicht besonders viel Handlung gibt und diese auch keine besonders Schöne ist, fand ich das Buch sehr spannend und gut zu lesen. Man kann an einigen Stellen seine eigenen oder gesellschaftliche Vorstellungen zum Thema "Liebe" hinterfragen und darüber nachdenken. Auch der Epilog hat nochmal eine interessante Wende gebracht. Insgesamt überzeugt das Buch auf jeden Fall mit seiner Frische. In dieser Richtung hatte ich bisher noch Nichts gelesen.