Das Erbe ihres Vaters

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biancaneve_66 Avatar

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Emilia del Valle wird 1866 in San Francisco als uneheliches Kind geboren. Dort lebt sie in einem ärmlichen Viertel bei ihrer Mutter, die Nonne war, und ihrem Stiefvater, der das eigensinnige Mädchen fördert. Emilia geht ihren Weg; veröffentlicht mit 17 Groschenromane unter männlichem Pseudonym und wird Reporterin bei einer Zeitung. Zusammen mit ihrem Kollegen Eric soll sie in Chile über den Bürgerkrieg berichten. Dort verliebt sie sich in Eric und ist auf der Suche nach ihrer eigenen Herkunft. Denn ihr richtiger Vater ist ein chilenischer Aristokrat.
Das Cover zeigt eine Frau im Meer, Wolken, die sich hinter der Frau befinden sollten, bedecken teils ihren Oberkörper. Man ist sich nicht sicher, ob die Frau aus dem Wasser kommt, oder gerade hineingeht. Eine Frau, die ihren Weg geht, sich von nichts aufhalten lässt, die aber auch zerrissen zwischen zwei Welten sein könnte. Der Sprachstil fesselt einen sofort. Flüssig und mit vielen Bildern, dann wieder nüchtern und an einigen Stellen sogar wieder kitschig und mystisch. Auf diese Art bringt uns Emilia als Ich-Erzählerin die Geschichten ihres Lebens nahe. Der Roman besteht aus vier Teilen, die jeweils mit entscheidenden Geschehnissen aus Emilias Leben beginnen. Passend zur Handlung sind einige ihrer Zeitungsartikel eingestreut, um das Geschriebene noch lebensnaher zu gestalten. Abgesehen vom chilenischen Bürgerkrieg gibt es auch sonst immer wieder Hinweise auf reale historische Begebenheiten, wie soziale Unterschiede, Streiks oder das Aufkommen der Suffragetten. Und um starke Frauen geht es in diesem Buch ja. Nicht nur die Protagonistin ist eine selbstbewusste Frau, auch andere weibliche Figuren handeln in dieser Geschichte, als wären sie ihrer Zeit sehr weit voraus.
Emilia ist eine sehr fortschrittliche Frau. Schriftstellerin, Journalistin, Reisereporterin, Kriegsberichterstatterin, sie packt ihr Leben selbst an und trotzt fast unbehelligt allen Gefahren. Sie verbringt Zeit auf dem Schlachtfeld des chilenischen Bürgerkriegs (und die Darstellung ist durchaus oft brutal), hat auch ein erfülltes und freies Liebesleben; ihr scheint vieles zu gelingen, ihre Pläne gehen auf, niemand kann sie festhalten. Das alles als sechsundzwanzigjährige Frau. Und doch ist es am Ende nur eine fiktive Geschichte. Es wird auch um 1890 schon starke Frauen gegeben haben. Aber ob eine Frau wie Emilia tatsächlich gelebt haben mag, wage ich doch zu bezweifeln.