Eine kluge Frau inmitten des chilenischen Bürgerkrieges 1891

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Molly Walsh besteht darauf, dass ihre Tochter eine del Valle ist. Ihr Name ist: Emilia del Valle. 1866 wird sie in San Francisco geboren, ihr Papo ist ihr ein liebevoller Vater, wenngleich er nicht ihr Erzeuger ist. Dieser ist ein Spross der einflussreichen chilenischen Familie del Valle, er hat sich Molly, die auf dem besten Wege zur Nonne war, einst mit Gewalt genommen. „Molly Walsh wurde nie zur Nonne, und jede Hoffnung auf Heiligkeit, die sie in ihrer frühen Jugend genährt haben mochte, wurde binnen Tagen zunichte gemacht von einem chilenischen Herrensöhnchen mit erheblichem Vermögen, einnehmendem Äußeren und wenigen Skrupeln. Sein Name war Gonzaló Andrés del Valle.“ Er war ihr Vater.

Ihr Papo aber, ihr Stiefvater, war es, der ihr von klein auf Selbstbewusstsein vermittelt hat. „Du bist klüger als die anderen, vergiss das nicht“ hat er oft zu ihr gesagt.

Das Schreiben war von jeher Emilias Passion, sie schreibt und veröffentlich unter dem Pseudonym Brandon J. Price sehr erfolgreich Groschenromane, was ihr jedoch nicht mehr genügt. Sie bewirbt sich bei einer Zeitung. „Bei uns gibt es keine Journalistinnen“, wird ihr bei ihrer Bewerbung gesagt. Sie aber lässt sich nicht abwimmeln. „Deshalb bin ich hier. Ihre Zeitung braucht mich“ meint sie lapidar. Und sie beweist, was sie kann. Sie wird eingestellt, sie wird unter ihrem richtigen Namen schreiben.

Der Ich-Erzählerin Emilia folge ich zunächst nach New York. Ihre beruflichen und auch ihre amourösen Momente zeigen eine selbständige, eine neugierige, eine freiheitsliebenden Frau. Dieser erste Eindruck verfestigt sich dann später, als sie mit ihrem Kollegen Eric nach Chile geht, um über den dortigen Bürgerkrieg zu berichten. Und sie ist nicht nur dabei, sie ist mittendrin. Daneben sucht sie ihren leiblichen Vater und gleich mal muss sie damit aufräumen, am Erbe interessiert zu sein.

Zu Isabel Allendes Büchern greife ich, seit ich vor langer Zeit „Das Geisterhaus“ gelesen habe. Mit Chile verbindet sie, die Weltbürgerin, ihr ganzes Leben. „Mein Name ist Emilia del Valle“ legt den Focus auf die chilenische Revolution von 1891, bei der Schlacht von Carcón war ich gefühlt an vorderster Front. Als Kriegsreporterin durchlebt Emilia die Schrecken des Krieges, Eric und sie berichten von unterschiedlichen Stellen und irgendwann trifft Emilia dann eine für sie richtige Entscheidung. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Nur so viel:

Es lohnt sich, Isabel Allendes neuestes Buch zu lesen. Man wird direkt hineinkatapultiert in eine längst vergangene Zeit, in ein uns fremdes Land. Und doch lernt man eine emanzipierte, eine sehr kluge Frau kennen und schätzen, die ihren eigenen Weg geht.