Bunt und poetisch wie der Regenbogen

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sonja steckbauer Avatar

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Von der ersten Zeile an faszinierend und mitreißend zugleich, vermag Rafik Schami es, die lange Zeit vergessene und häufig völlig unterschätzte Kurzgeschichte wieder aufleben zu lassen und stellt einmal mehr unter Beweis, dass er einer der größten Erzähler des 21. Jahrhunderts ist. Überraschenderweise entspricht das Buch chronologisch nicht der Leseprobe, sondern ist in verschiedene Themen eingeteilt, jede Gruppe endet mit einem Essay zum Thema.
Die drei Kurzgeschichten zum Thema „Reisen“ halte ich für besonders gelungen, daher sollen sie exemplarisch vorgestellt werden: „Wie Herr Moritz die Welt bereiste“ (S. 117) führt dem Leser vor Augen, dass wahres Reisen im Kopf und im Gespräch mit den Menschen anderer Länder und Kulturen stattfindet. „Zwei Reisen“ (S. 135) zeigt die unterschiedlichen Erfahrungen auf, die Reisende machen, wenn sie die/den Geliebte/n im anderen Land und der jeweils unterschiedlichen Kultur kennenlernen. In „Die fliegenden Händler der Insel“ (S. 154) lernen wir die Not und Ausbeutung der Handtuchverkäufer an einem Strand in Italien aus deren Sicht kennen. Und im abschließenden Essay „Reisen, was sonst!“ (S. 167) geht es nochmals um Reisen im Kopf, dieses Mal den einer jungen querschnittgelähmten Frau, die durch die Lektüre von Reiselektüre Mut und Optimismus gewinnt: „Nadine war keine Touristin, sondern eine Reisende, die mit der Ruhe eines weisen, mutigen und neugierigen Kindes das Eigene durch das Fremde korrigierte.“ (S. 168)
Rafik Schami erzählt dabei immer mit einem lachenden Auge, denn bereits im Vorwort erfahren wir vom Autor, dass Lachen der beste Schmuggler für Gedanken sei. Der biografische Hintergrund des Autors spielt in vielen seiner Kurzgeschichte eine Rolle, so auch in der titelgebenden „Mein Sternzeichen ist der Regenbogen“ (S. 11), in der Ich-Erzähler und vielleicht Alter Ego des Autors Einblick in einige spannende Details aus dem Leben eines Jugendlichen im Damaskus der 60er Jahre geben.
In einem Kurzgeschichtenband findet jeder Leser etwas für seinen Geschmack, damit verbunden trifft er aber auch auf subjektiv weniger ansprechende Texte. Diese sollten, meiner Meinung nach, mit wenig Kritik betrachtet werden, da der Großteil der Geschichten des Buches ein wahres Lesevergnügen bieten!