Brauntöne in sanften Abstufungen

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straßenprinzessin Avatar

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“[…] Was es genau bedeutet, war für mich nebensächlich. Viel wichtiger war, dass es sich richtig anfühlte. Mehr noch: Es fühlte sich *wahr* an. Und nicht nur irgendwie wahr, sondern wie *die* Wahrheit, *meine* Wahrheit.“ (S. 65)

Furchtbar!
Das Buch von C. Weißgerber hat mir leider absolut nicht gefallen. Der Grund dafür ist nicht die erschreckende Dummheit der von Weißgerber geschilderten Situationen und Personen aus dem Braunen Sumpf, sondern der zähe und massiv ausschweifende Schreibstil, der sich viel zu oft in Nichtigkeiten verliert, einfache Strukturen durch viel Gefasel aufbauscht und persönliche Fehlentscheidungen schnell mit Verallgemeinerungen abkanzelt.
Durch den Untertitel “Warum ich ein Neonazi war“ habe ich mit mehr Persönlichkeit gerechnet, doch Weißgerber bleibt von Anfang bis Ende völlig nüchtern und Emotionslos, außer bei seinen Schilderungen seiner eigenen schlimmen Kindheit und dem (versteckten?) Stolz seiner Leistungen (Taten) in diversen Gruppen.
Meiner Meinung nach gibt es keine großen Informationserrungenschaften, die dem Leser nicht vorher schon mit ein bisschen Interesse am Thema bekannt wären. Und auch die Frage nach dem Warum wurde hier eher Standardmäßig abgearbeitet.
Weißgerber geht offen mit seinen Fehleinschätzungen um, Verantwortung für diese zu übernehmen, bedeutet jedoch nicht nur, gegen diese nun aufzuklären. Mir fehlt die Einsicht, die Worte des Bedauerns, welches seiner Meinung nach ja doch nur ein Betteln um Absolution ist. Entschuldigungen würden ja niemanden Helfen oder Gerechtigkeit verschaffen, gut, mag Stimmen ABER es wäre ein verdammt nötiger Anfang! Ich hätte es bewundernswert gefunden, wenn er wenigstens zum Ende hin seinen Stolz runter geschluckt hätte und seine letzten Worte seine Einsicht zu sich selbst und seinen begangenen Taten mit etwas Persönlichkeit und Emotionen versehen hätte. Stattdessen sind die letzten Worte eher belehrend (auch wenn wichtig!), unpersönlich, distanziert, wie auch die 255 Seiten davor.
Nachdem mir das Buch leider so gar nicht gefallen hat, habe ich ein wenig gegoogelt. Vielleicht habe ich Weißgerber einfach nicht richtig einschätzen können. Aber auch im weiteren Verlauf ist mir seine Art leider sehr unsympathisch. Seine kleine Serie auf Youtube (“Ausstieg – (K)ein Weg zurück) verliert sich ebenso in geplappere, wie sein Buch. Allein ein Beitrag auf Facebook (der von außen einsehbar ist) vom 13. April. 2014 der auf der Seite „Ausstieg“ gepostet wurde unter dem Titel “Mein Ausstieg“ fand ich ganz interessant, und erstmals nicht all zu unsympathisch.
Alles in allem war es für mich (!) eher eine Qual, als eine Bereicherung und seine Liebe zu dem Wort -freilich- hat mir schon nach den ersten 50 Seiten den Nerv geraubt und mich das Buch oft verzweifelt weglegen lassen.
Schade finde ich auch, dass bei einem Taschenbuch Preis von 18 Euro nicht ein paar Cent an eine nützliche Organisation gehen. (Bspw.: „Kurswechsel Hamburg“ oder „reset“)